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Was der Bundesbankchef wirklich meinte

22. Mai 2012

Kleiner Nachklapp zur Aufregung über die derzeit ganz akut nahende Hyperinflation in Deutschland: der Bundesbankchef hat am Sonntag einen interessanten Hinweis gegeben, wieviel Hyper er sich als akzeptabel da vorstellen könnte: alles, solange es bei einer Teuerung  in Deutschland unter drei Prozent bleibe.

Im Grunde ging es im Ursprung ja nur darum festzuhalten, dass es bei einer durchschnittlichen Inflation von knapp zwei Prozent, wie sie die EZB anstrebt, nach Adam Riese einfach manche Euro-Länder unter und manche über dem Schnitt geben muss – und dass in der Vergangenheit wegen der schwachen Konjunktur meist die Deutschen drunter lagen, die anderen drüber. Was sich jetzt umdreht, wenn es Länder gibt, die sanierungsbedingt ihr Preisniveau möglichst wieder nach unten korrigieren wollen, während es uns ja konjunkturell ganz gut geht und die Arbeitslosigkeit stark fällt.

Nun ergab sich die Frage, was das jetzt konkret für unsere, sagen wir, Kaufkraft bedeutet – worauf die „Bild“-Zeitung gewohnt ausgewogen und argumentativ stringent mit „Hyperinflation“ antwortete, diese zumindest schon nahen sah. Worauf der Bundesbankpräsident in der Zwischenzeit ganz hastig reagierte, um genau diesen Unsinn richtig zu stellen. Das hat er am Sonntag in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ gemacht – und dort natürlich erstmal ganz entschieden und überhaupt und sowieso jeden Zweifel an seiner hohen Aufgabe und Glaubwürdigkeit zertrümmert, was Bundesbanker meist mit besonders kategorischen Sätzen tun:  „Geldwertstabilität hätten wir nicht, wenn wir in einem Teil der Währungsunion Deflation und im Rest Inflation zuließen“. Klar, Herr Weidmann. Verstanden.

Um dann allerdings nachzuschieben, dass die umstrittene Bundesbank-Stellungnahme nur die „Selbstverständlichkeit“ enthalte, „dass ein Land wie Deutschland, in dem die Konjunktur gut läuft, die Lage am Arbeitsmarkt besser ist als in den zwanzig Jahren zuvor, nicht auf Dauer unterdurchschnittliche Inflationsraten aufweisen kann“. Ach. Jetzt kommt’s aber: „Das heißt aber nur, die Inflation könnte hierzulande zeitweise um (Achtung!) Nachkommastellen über dem angestrebten Durchschnitt von knapp zwei Prozent liegen, so wie diese lange Zeit, als die wirtschaftliche Entwicklung schwach war, etwas darunter lag.“

Nun muss man nur noch einfache Mathematik anwenden: im Schnitt knapp zwei als Ziel plus maximal in Deutschland irgendwas im Nachkommabereich, also alles bis etwa 0,99 Prozent – macht zusammen eine tragbare Inflation in Deutschland von relativ knapp unter drei Prozent, was etwas niedriger ist als der Langjahresschnitt zu D-Mark-Zeiten (und ziemlich deutlich unter der Hyperinflation, liebe „Bild“-Experten). Das ist doch mal eine Ansage. Man könnte das glatt so deuten: solange die EZB im Schnitt unter zwei Prozent bleibt und die Deutschen dabei nicht über drei kommen, wird die Bundesbank gnädig sein – und nicht wieder mit Rücktritten oder der Zinskeule gegen den Aufschwung drohen.

Manche Einsicht braucht halt seine Weile.

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  1. Christian Kurzer
    23. Mai 2012 um 07:43

    Klar, als wenn der Bundebanker sich vorher keine Gedanken gemacht hätte, welche Interpretationen seine schwammige Aussage zuvor hervorrufen würde… ein bisschen naiv, oder?

    Jede Aussage die ein Notenbanker in einer Krisenzeit trifft ist (1) wohl überlegt (2) dient einem bestimmten Zweck und ist dafür (3) notfalls eben gelogen.

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