Aufsteiger-Check: Kann Indiens Wirtschaft der Krise trotzen?
Indien könnte die Krise besser überstehen als Länder wie China und Russland. Allerdings nur wenn die indischen Verbraucher schnell wieder zu ihrer Kauflust zurück finden. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Denn auf staatliche Konjunkturpakete kann die Wirtschaft spätestens im kommenden Jahr wegen der hohen Verschuldung wohl nicht mehr hoffen.
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In drei von vier, in der aktuellen Krise entscheidenden Bereichen scheint die indische Wirtschaft gut aufgestellt, teilweise günstiger als China oder Russland. Ob das Indiens Wirtschaft rettet, wird sich in den kommenden Monaten zeigen.
*Bankensektor
Laut Weltbank ist der indische Bankensektor den Effekten der weltweiten Finanzkrise zwar ausgeliefert. Dennoch werde Indien wahrscheinlich ohne Destabilisierung des Finanzsektors aus der Krise hervorgehen. Insgesamt sei der Bankensektor gesund. Auch die Beratungsfirma Centre for Monitoring Indian Economy attestiert dem indischen Bankensektor ein gutes Zeugnis. Damit geht es den Indern deutlich besser als Russland. Aufgrund der größeren globalen Vernetzung ist der indische Bankensektor aber immer noch stärker getroffen als der Chinesische.
*Exportabhängigkeit
Indien ist deutlich weniger exportabhängig als China und Russland. Die Exporteinbrüche waren zwar auch in der indischen Wirtschaft massiv. Speziell der wichtige IT-Sektor und die Textilbranche wurden hart getroffen. Im Gegensatz zu China konnte sich die indische Wirtschaft zuletzt aber auf eine robuste Binnennachfrage stützen – die im Vergleich zu Russland zudem deutlich weniger stark kreditfinanziert war. Das wurde in den vergangenen Monaten zu einem wichtigen Vorteil inmitten des globalen Nachfrageeinbruchs.
*Binnennachfrage
Wenngleich die Binnennachfrage eine Stärke Indiens ist, retten kann sie die Wirtschaft momentan wohl trotzdem nicht – sondern höchstens wie zuletzt den Einbruch etwas abmildern. Denn auch in Indien grassiert das globale Phänomen der Verunsicherung und des Vertrauensschwunds unter den Verbrauchern. Dem Konsumboom ist damit die Luft ausgegangen. Sobald das Vertrauen zurückkehrt, könnte Indiens Wirtschaft hier jedoch wieder Kraft schöpfen.
*Staatsverschuldung
Hier liegt Indiens großer Schwachpunkt. Die Dekabank rechnet mit einem Budgetdefizit von 6 bis 7 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr. Die Staatsverschuldung dürfte dann bei 65 Prozent vom BIP liegen. Das ist zu hoch, um im kommenden Jahr auf die bisherigen Konjunkturmaßnahmen noch eine Schippe draufzulegen. Dieses Problem haben weder Russland noch China. Und auch die dringend benötigten Investitionen in die Infrastruktur könnten damit weiter gebremst werden – vor allem mittelfristig ein erhebliches Wachstumshemmnis für Indiens Wirtschaft.
An dieser Stelle analysieren wir jeden Dienstag die aktuelle Lage in einem der großen Schwellenländer: China, Russland, Indien und Brasilien. Nächste Woche: Brasilien.