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Ein EU-Zinsverzicht bringt mindestens 3 Mrd. Euro für Athen – im Jahr

16. Februar 2012

Klar liegt in Griechenland vieles im Argen. Doch solange die Wirtschaft wegen der Sparpakete mit Raten von sieben Prozent im Jahr schrumpft und die Arbeitslosigkeit bei 20 Prozent liegt, müsste es eigentlich jedem Steuerzahler im Euro-Raum zutiefst unmoralisch vorkommen, dass Athen noch Zinsen an die Euro-Länder und die EZB überweist. Von Moral Hazard kann ja nun wirklich keine Rede sein.

Aus dem letztem Troika-Bericht (Seite 41) geht hervor, dass Athen im September 506 Mio. Euro an die Euro-Staaten überwiesen hat. Da reibt man sich schon erstaunt die Augen, ging es nicht bei den jüngsten Verzögerungen des zweiten Rettungspakets um Einsparungen von 325 Mio. Euro.

Und die 506 Mio. Euro laufen nur im Quartal an. Macht also gut 2 Mrd. Euro Zinsforderungen im Jahr, was ja noch mal anwachsen wird, wenn tatsächlich alle Tranchen aus dem ersten Paket und die Milliarden des zweiten Rettungspakets fließen sollten.

Schön auch, dass die EZB sich bereit erklärt hat, auf Gewinne aus Griechenanleihen zu verzichten (natürlich nicht die hypothetischen, die erst bei Fälligkeit entstehen…, liebe Bundesbank!). Angenommen bei der EZB liegen Staatsanleihen aus Griechenland mit einem Nennwert von 27,5 Mrd. Euro. Bei einem angenommen Kupon von im Schnitt 5 Prozent macht das 1,4 Mrd. Euro im Jahr.

Als Summe ergibt sich 3,4 Mrd. Euro, die Athen an die Euro-Länder und die EZB mindestens dieses Jahr überweisen muss. Eine Summe, auf die wir gut verzichten können.

Update: Aktuell liegt der 3-Monats-Euibor, nach dem sich die Zinsen der Griechen richten, bei gut einem Prozent. Dies würde am Ende einen Zins für Griechenland nach jetztigem Stand von gut 3 Prozent bedeuten, wenn der reduzierte Aufschlag von 2 Prozentpunkten angewandt wird. Dann dürften sich die Zinskosten auf die bisher ausgezahlten Euro-Kredite (52,9 Mrd. Euro) diese Jahr auf 1,6 Mrd. Euro belaufen – nach jetzigem Stand wohlgemerkt. Macht zusammen mit den Zinsen an die EZB immer noch 3 Mrd. Euro.

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  1. André Kühnlenz
    16. Februar 2012 um 14:21

    … und die Deutschen bekommen ausnahmsweise 10 Tage mehr Urlaub in diesem Jahr (auch ein Beitrag, unseren Leistungsbilanzüberschuss abzubauen). Und dann gibt die Bundesregierung Euro-Traveller Schecks aus, die nur in Griechenland, Portugal und Irland für touristische Dienstleistungen oder heimische Produkte ausgegeben werden dürfen – Prinzip Interail. Klingt naiv, meine ich jedoch durchaus ernst. 🙂

    • Martin Bremer
      16. Februar 2012 um 17:50

      ist doch schade, dass für konstruktive Ideen zur Lösung der Griechenlandkrise (bzw. der Schuldenkrise allgemein) in den Medien kaum ein Platz ist. Manch guter Vorschlag, wie die Euro-Traveller-Schecks für regionale Produkte der Schuldenstaaten, mag dann an der Brüsseler Bürokratie scheitern, aber die würde nichts daran ändern, dass ein anderer Umgang mit der Krise Einzug hielte: Je mehr Menschen sich beteiligt fühlen und einen maßvollen Beitrag leisten, desto weniger wäre das Zeigen auf Dritte notwendig, die nun aber bitte über ihre Schmerzgrenze zu gehen haben…
      Wäre doch auch schön, wenn wir Europäer unsere Krise mit Kreativität und Optimismus gelöst bekämen und nicht mit dem ewig gestrigen, stinkigen Gezeter und Lamentieren.

      • 17. Februar 2012 um 08:37

        Das genau ist auch mein/unser Gedankengang zu einer positiveren Entwicklung in Europa. Wir werden hier mit unseren Beziehungen weiter daran arbeiten. Es wäre auch hilfreich, wenn sich mehr Menschen so wie Sie an einer Veröffentlichungen ihrer Meinung beteiligen würden.
        Die besten Grüße aus Griechenland!

  2. 16. Februar 2012 um 14:19

    Ich habe in der jüngsten Vergangenheit ertragen müssen, dass die sogenannten intelligenten Meinungsbildner peinliche Halbwahrheiten und Diffamierungen veröffentlichten.
    Jetzt langsam wird auch in einigen Berichten aus Deutschland über die Lage Griechenlands und die Europäische Finanzkrise etwas sachlicher berichtet. Wenn die Gründe für eine Fehlentwicklung erkannt und ehrlich genannt werden, kann eine positive Veränderung dann eher von vielen Menschen, auch von uns mitgestaltet werden.
    Ich zähle mich zu den einfachen Bürgern in Griechenland/Deutschland/Europa und werde in meiner Gruppe nicht aufhören, Lösungen für Missstände zu finden und praktische Veränderungen mitzutragen.
    Reinhard Jacob
    GR 23200 Gythio-Karyoupolis

  3. Martin Bremer
    16. Februar 2012 um 14:08

    die Zeit ist reif für ein europäisches Sommermärchen 2012. Wie leicht, ungezwungen und freudvoll haben die Deutschen „ihren“ Sommer 2006 gefeiert und damit nicht nur Sympathien in der Welt gewonnen, sondern dem eigenen Land einen optimistischen Anschub gegeben,von dem es bis heute profitiert.
    Mit der Kraft des Volkes dreht sich die Krise zum Märchen. In Europa, wo sich Völker zum Währungsraum zusammengeschlossen haben, wäre es das kraftvollste Zeichen, wenn sich auch die Völker untereinander helfen. Statt einer Fussball-Weltmeisterschaft könnten die Europäer in einem Akt der Solidarität ihren Sommerurlaub in Griechenland verbringen. Die Nordsee, Österreich oder die Türkei werden einmal auf uns verzichten können (und wir auf sie),damit wir mit unseren schönsten Tagen im Jahr ganz nebenbei aus einer Krise ein Sommermärchen entstehen lassen können.
    Das mag naiv erscheinen, doch auch der Stoff des Sommermärchens 2006 war naiver Art. jenseits aller fiskal- und geldpolitischen Notwendigkeiten braucht Griechenlands Volk nun einen positiven Geist, braucht es Hoffnung. Es wäre naiv, sich vor dieser menschlichen Notwendigkeit zu verschließen.

  1. 16. Februar 2012 um 21:19
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