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[MarktWirtschaft] Whatever it Takes oder Der letzte Freund der Griechen

7. August 2012

Derzeit wird viel und gerne mal darüber geredet, was man nicht alles tun will, um den Euro zu retten. Es lohnt sich jedoch ein- oder sogar zweimal ganz genau hinzuhören, wer da was von sich gibt.

(Mario Draghi in London am 26. Juli): „Within our mandate, the ECB is ready to do whatever it takes to preserve the euro. And believe me, it will be enough.“

(Mario Draghi Frankfurt am 2. August nach der Sitzung des EZB-Rates): „…the endorsement to do whatever it takes – again, to use the same words – whatever it takes to preserve the euro as a stable currency has been unanimous“

Aha, „stable currency“ ist das neue Zauberwort, auf das sich dann alle auf der EZB-Sitzung geeinigt haben – das würde natürlich einschließen, dass wegen einer stabilen Währung auch einmal ein Land austreten könnte/sollte…

(Merkel/Hollande/Monti) reden übrigens überhaupt nicht von „erhalten“ (preserve), sondern sie wollen nur „schützen“ – auch, oder vor allem, im Fall eines Griechenaustritts? („Deutschland und Frankreich sind der Integrität der Eurozone zutiefst verpflichtet. Sie sind entschlossen, alles zu tun, um die Eurozone zu schützen.“)

So bleibt Draghi bald der einzige Freund der Griechen, den das Land bald noch hat – zumindest unter Spitzenpolitikern/-beamten, die in Deutschland wohnen:

There is no going back to the Lira or the Drachma or to any other currency. It is pointless to bet against the euro. It is pointless to go short on the euro. That was the message. It is pointless because the euro will stay and it is irreversible.

Update, wieso Griechenland einen Schuldenschnitt der öffentlichen Hand (vor allem der Notenbanken) verdient haben könnte:

Zwar hat die Regierung in Athen mehrfach gegen Auflagen verstoßen, jedoch legt sie in den vergangenen zwei Jahren ein historisch beispielloses Konsolidierungsprogramm vor. Nach Angaben der EU-Kommission sank das konjunkturbereinigte Budgetdefizit des Staates auf Druck der Euro-Staaten von 15 Prozent im Jahr 2009 auf 5,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im vergangenen Jahr. Dabei werden steigende Kriseausgaben wie etwa Hilfszahlungen an Arbeitslose oder Mindereinahmen durch Steuerausfälle nicht berücksichtigt. Die harsche Sparpolitik hatte die einbrechende den Einbruch der Wirtschaftsleistung verschärft, was mit dazu beitrug, dass die gesamte Schuldenlast von rund 130 Prozent innerhalb von nur zwei Jahren auf 165 Prozent des BIP im Jahr 2011 regelrecht nach oben schoss. Das BIP lag vergangenes Jahr 13 Prozent unter dem Niveau des Jahres 2008. Dieses Jahr dürfte es nochmals sieben Prozent abwärts gehen mit der Wirtschaftsleistung.

Allein 9,7 Mrd. Euro an Hilfsgeldern flossen seit März wieder zurück in die Taschen der Notenbanken. Haben die Hellenen wirklich nur eine Wahl, Tod durch Sparen oder Tod durch Euro-Austritt?

  1. aelweb
    11. August 2012 um 11:11

    Kann mir einmal jemand verraten, wie Griechenland jemals Geld erwirtschaften soll, das zur Rückzahlung der Kredite genutzt werden kann? Wieviel Gyros wollen die Griechen denn dafür exportieren?
    Griechenland hat keine Exportwirtschaft: keine Automobilfirma, keine Chemiefirma, keine Softwarefirma usw. Außer Beamten (ca. 25% der arbeitenden Bevölkerung, wie man einmal lesen konnte) und Turismus sowie die griechische Küche gibt es nichts zu nennen, womit die Griechen „Geld verdienen“. Wachstum? Woher?
    So erschafft man nichts, was auf Dauer trägt! Griechenland hätte dem Euro niemals beitreten dürfen…

  2. 9. August 2012 um 09:26

    Die Athener werden das Schaaf schon noch schlachten, Keine Angst, das passiert bestimmt !

  3. rijukan
    8. August 2012 um 11:02

    „Konjunkturbereinigtes Defizit…“ genau da liegt das Problem. Das griechische Defizit ist eben nur gefallen, wenn man so tut, als erlebe Griechenland derzeit eine Konjunkturdelle, die man „herausrechnet“. In Wirklichkeit ist es aber genau andersherum: seit etwa 1997 Jahren erlebt Griechenland eine ausschließlich schuldenfinanzierte Sonderkonjunktur, die nun im selben Maße wegbricht wie die Kredite. „Konjunkturbereinigt“ ist das griechische Defizit trotz Reduzierung immer noch gigantisch.

    Um im Euro zu gesunden, müßte Griechenland nicht nur den Wegfall der bisherigen Finanzierung von außen (auf Pump) ertragen, samt entsprechendem Einbruch der kreditfinanzierten Binnenkonjunktur. Es müßte vielmehr außerdem noch die bisherigen Kredite zurückzahlen, also in ähnlichem Umfang Überschüsse erwirtschaften! Das ist niemals durchsetzbar. Nur durch Abwertung, also Verlassen des Euroraumes, kann Griechenland den Wegfall des fremden Geldes kompensieren (letztlich indem es sein Importvolumen, dh. den Lebensstandard der Bevölkerung, auf das Maß der eigenen Leistungsfähigkeit reduziert). Und nur durch Insolvenz kann es die Rückzahlung der bestehenden Kredite vermeiden. Deshalb ist beides unausweichlich – es sei denn, Deutschland und andere Länder wollen auf Ewigkeit Transfers leisten.

  4. Peter Noack
    8. August 2012 um 09:18

    Lieber Herr Kühnlenz!
    Haben Sie nicht gemerkt, dass am Beispiel Griechenland (Spanien)eine vorherrschende Wirtschaftspolitik ins Absurde gesteigert wird?
    Wenn Griechenland unter sonst gleichen Umständen seine Staatsausgaben um weitere 10 % vom BIP senkt, dann sinkt das BIP um 10 %, oder was? Was werden Unternehmen und Haushalte entscheiden, wenn der Staat spart? Diese werden kräftig investieren und konsumieren, damit der Verlust durch den Staat von den Bürgern als Investoren und Konsumenten ausgeglichen wird. Dazu kommen dann noch reihenweise Investoren uund Touristen (Konsumenten) aus dem Ausland. Nichts anderes erwarten IWF, EZB und Europas Politiker.
    Anreize dafür werden nicht gesetzt.
    Die Alternative: Weitere hohe Staatsausgaben durch Nettoneuverschuldung wie in den USA. Wenn Griechenland oder Spanien das Geld beschaffen können, dann sofort. An den Kapitalmärkten gelingt das nicht. Selber Gelddrucken ist an die EZB übertragen. Die EZB legt für die Geldvergabe Regeln fest. Die Katze beißt sich in den Schwanz.
    Im griechischen Drama können alle in realtime erleben wie sich die Gesetze der Ökonomie mit naturgesetzlicher Gewalt durchsetzen und entsprechende Strukturen erzwingen. Das passsiert allen rationalen Überlegungen und Erwartungen des homo oeconomicus zum Trotz. Schon daran sollte deutlich werden, dass auf keine Experten auch nur einen Pfifferling gewettet werden kann. (Vgl. Wiwo 32 S. 24)
    Der beschrittene Kurs wird nun solange fortgesetzt, bis die Grenze der Erträglichkeit erreicht ist. Diese Grenze kann jedoch nicht präzise gemessen werden. Wann werden die Eliten zu Militärdiktaturen zurückkehren?
    Der Weg ist geebnet und die Schranken sind geöffnet. Man wartet noch auf den Anlass. Solche Anlässe sind bekannt, öffentlicher Aufruhr. Unklar ist nur noch, ob die Beerdigung einer Wirtschaftstheorie und der darauf gegründeten Wirtschaftspolitik von den Entscheidungsträgern der Eliten voll beabsichtigt ist oder ob es sich dann lediglich um Kollateralschäden handelt. Was meinen Sie Herr Kühnlenz?

  5. Tim Miller
    8. August 2012 um 09:03

    „preserve the euro“ vs. „preserve the euro as a stable currency“
    Man könnte auch interpretieren, das die zweite Aussage stärker ist, da der Euro nicht nur erhalten werden soll, sondern dabei sogar stabil bleiben.

    „erhalten“ vs. „schützen“
    Auch da ist nicht klar was

    Letzten Endes eher Kaffeesatzleserei. Grade bei Politikern sollte man ja nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen.

    Aber wo die Goldwaage grade ausgepackt ist:
    „Die harsche Sparpolitik hatte die einbrechende Wirtschaftsleistung verschärft…“

    Was hat sich hier verschärft – die Wirtschaftsleistung? Oder eher _das Einbrechen_ der Wirtschaftsleistung?

    • André Kühnlenz
      8. August 2012 um 09:57

      Oh klar, danke für den Hinweis, („das Einbrechen“, natürlich)…

      Klar ist es schon etwas Kaffeesatzleserei (ich hatte hier auch keine tiefgründige Analyse vor), was den Unterschied zwischen „erhalten“ und „schützen“ angeht. Es fällt nur auf, dass der Rest der Euro-Zone vor Ansteckung geschützt werden müsste, wenn Griechenland austritt…

      Weniger Kaffeesatzleserei ist jedoch der Punkt der „stable currency“, weil er beinhaltet, dass es für eine stabile Währung durchaus notwendig sein könnte, dass ein Mitglied austritt. Gerade in Deutschland wird die Ansicht derzeit mal offen, mal weniger offen, durchgespielt.

      In diesem Sinne hat sich Draghi jedenfalls nicht angehört, als er in London sagte, „the ECB is ready to do whatever it takes to preserve the euro“. Und ich glaube auch nicht, dass es Zufall war, dass er in Frankfurt gesagt hat: „There is no going back to the Lira or the Drachma…“

      • Peter Noack
        8. August 2012 um 10:42

        Wie irrational die Finanzmärkte agieren oder reagieren zeigt Japan. (Neue Studie des DIW von heute)

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