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Fabian Fritzsche – Hurra, wir sind Überschuss-Weltmeister

22. August 2012

Deutschland wird in diesem Jahr voraussichtlich den höchsten Leistungsbilanzüberschuss aller Volkswirtschaften weltweit aufweisen, was sowohl auf steigende Überschüsse hier als auch auf sinkende in China zurückzuführen ist. Sollte der Saldo jedoch mehr als 6% des BIPs betragen, droht Deutschland nach einer Vereinbarung aus 2011 eine Rüge der EU-Kommission, was bereits vorsorglich zu einer Verteidigung durch die Bundesregierung und zu wütenden Leserbriefen in den Medien geführt hat. Die Bundesregierung begrüßte die Überschüsse, der allgemeine Tenor war, niemand würde gezwungen, deutsche Produkte zu kaufen und es wäre wohl kaum sinnvoll, nun schlechter zu werden.

Tatsächlich geht diese Empörung am Kern des Problems vorbei, denn niemand fordert, die deutschen Produkte sollten schlechter werden oder der Export gar gesetzlich eingeschränkt werden. Und natürlich wird niemand gezwungen, deutsche Güter zu kaufen. Die Überschüsse des Einen sind aber notwendigerweise die Defizite eines Anderes. Eine nachhaltige Wirtschaftspolitik, die anderen zur Nachahmung empfohlen werden kann, wird daher nie das Ziel haben, möglichst hohe Überschüsse zu generieren. Was auf deutscher Seite gerne übersehen wird ist, dass Überschüsse in der Leistungsbilanz auch keineswegs so positiv für Deutschland sind. Das Überschussland produziert schließlich mehr als es selbst verbraucht und erhält dafür im Gegenzug Forderungen, die sich möglicherweise am Ende als wertlos herausstellen. Doch selbst wenn die Forderungen werthaltig bleiben, sind diese an sich nicht Wohlstand steigernd. Deutschland verfügt mittlerweile über Netto-Auslandsguthaben von rund 1 Billion Euro. Grob gesagt wurden für diesen Betrag also mehr Güter und Dienstleistungen an das Ausland verkauft als von dort importiert. Selbst wenn Deutschland also ab jetzt eine ausgeglichene Leistungsbilanz aufwiese, hätte man de facto Waren für eine Billion Euro verschenkt.

 Allein aus Eigeninteresse heraus sollte daher eine ausgeglichene Bilanz das Ziel sein. Nun müssen deutsche Produkte dafür selbstverständlich nicht schlechter werden. Die Löhne in Südeuropa und Irland stagnieren seit nunmehr drei Jahren, die Lohnstückkosten sinken. Im Gegenzug sollten die deutschen Löhne bei niedriger Arbeitslosigkeit und guter Auslastung der Kapazitäten kräftiger steigen als zuvor. Höhere Löhne insbesondere bei unteren und mittleren Einkommen würden den privaten Konsum hierzulande beleben und damit auch die Importe und gleichzeitig würden ausländische Produkte an preislicher Wettbewerbsfähigkeit gewinnen. Gegen dieses Argument werden üblicherweise zwei, m.E. unbegründete, Gegenargumente vorgebracht. Zum einen heißt es, wären die Deutschen einfach sparsam, mehr Geld würde nicht zu mehr Konsum führen und selbst wenn, würden dann nicht automatisch mehr Importgüter gekauft. Zum anderen seien deutsche Produkte einfach qualitativ so hochwertig, dass der Preis nicht ausschlaggebend ist.

Möglicherweise neigt der durchschnittliche Deutsche tatsächlich mehr zum Sparen als ein durchschnittlicher Brite, die Sparquote liegt aber natürlich nicht bei 100% und auch die marginale Sparquote, also wieviel von jedem zusätzlichen Euro gespart wird, dürfte gerade bei den unteren Einkommen niedrig sein (nur bei sehr hohen Einkommen könnte die marginale Sparquote nahe 100% liegen). Selbst wenn also ein Teil gespart wird, der größte Teil wird verkonsumiert und selbstverständlich wird davon ein Teil für Importgüter ausgegeben. Auch hier ist es schlicht eine zu restriktive Annahme für das Gegenargument, dass die marginale Importquote bei 0% liegt. Es gibt Autos aus Spanien und Italien, Bekleidung aus Italien, Lebensmittel aus Spanien, Griechenland und Italien uvm. Die Importe aus Spanien sind gleich hoch wie die aus Japan, Italien ist viertwichtigstes Importland für Deutschland. Stiegen also hierzulande die (unteren und mittleren) Löhne, würde auch mehr konsumiert und damit auch mehr importiert, daran kann kaum ein Zweifel bestehen.

Auch das zweite Argument, die Preise wären nicht relevant, ist nicht stichhaltig. Wenn dem so wäre, könnte man natürlich die Frage stellen, wieso die Unternehmen nicht einfach die Löhne und Preise massiv erhöhen, wenn es ohnehin keine Auswirkungen auf den Absatz hat. Richtig ist zwar, dass qualitativ hochwertige Güter teurer verkauft werden können als vergleichbare, aber qualitativ schlechtere Produkte. Das ist jedoch eine Binsenweisheit, die noch nichts darüber aussagt, wie sich eine Preisänderung auswirkt. Bei Spezialprodukten ist die sog. Preiselastizität der Nachfrage möglicherweise eher gering, bei Luxusgütern üblicherweise eher hoch (die wirklich reichen Haushalte achten vielleicht nicht auf den Preis, es gibt aber immer Grenznutzer, die gerade so bereit sind, viel Geld für ein Luxusgut auszugeben). Sollte der Absatz bei höheren Kosten nur wenig  sinken, umso besser, dann reduziert sich der deutsche Leistungsbilanzüberschuss in erster Linie über mehr Importe. Die Einbußen beim Export werden wiederum problemlos aufgefangen durch die höhere Binnennachfrage.

Die gute Nachricht lautet, dass Deutschland seit 2011 auf diesem Weg ist, die Lohnstückkosten sind 2011 gestiegen und werden wohl auch 2012 steigen. Die schlechte Nachricht ist, dass bisher vor allem die oberen Einkommen weiter ansteigen, wodurch der Konsum nur wenig belebt wird. In den kommenden Jahren sollten daher auch die unteren Einkommen endlich steigen, um so ein ausgewogeneres, gesünderes Wachstum zu erzielen, von dem sowohl wir als auch unsere Handelspartner profitieren.

  1. Peter Noack
    27. August 2012 um 09:08

    Der Beitrag ist beachtenswert.
    Einige Anmerkungen:
    Es hat zwei Konjunkturphasen von 2006 bis 2008 und von 2010 bis 2012 gedauert, bis die Reallöhne wieder das Niveau des Jahres 2000 übertroffen haben. Das gilt auch für die Lohnstückkosten, die immer als Maßstab der Wettbewerbsfähigkeit einer Wirtschaft angesehen werden. Diese Lohnstückkosten machen jedoch nur dann Sinn, wenn das verarbeitende Gewerbe mit Bau- sowie Land- und Forstwirtschaft betrachtet werden. Das sind weniger als 35 % des BIP. Von den ca. 40 % Expotquote müssen dann die Importe für den Reexport abgezogen werden.
    Wünschenswert wäre, wenn geklärt würde, wie ein Exportüberschuss den Wohlstand des Volkes erhöht? Die Antwort darauf ist sehr wichtig, weil dem äußeren Anschein nach, die Güter und Dienstleistungen das Land verlassen haben. Die gezahlten Löhne verbleiben jedoch zumeist im Inland, wenn sie nicht auf Auslandsreisen ausgegeben werden. Andererseits: Was passiert mit den Auslandserlösen der Unternehmen, wenn das Geld nicht nach Deutschland zurück fließt? Es werden zumindest keine Inlandsinvestitionen ausgelöst und Arbeitsplätze neugeschaffen oder gesichert.
    Richtig ist, dass bis in die 1980er Jahre ein ausgeglichener Außenhandel als wirtschaftspolitisches Ziel galt. Was müsste denn Politik machen, damit dieses Ziel wieder auf die Tagesordnung kommt? Wie sollte sich die Sparrate gestalten, damit der Binnenmarkt sich stärker entfaltet und das Handelsdefizit sinkt? Erst 2012 soll der reale Konsum der Privathaushalte wieder den, des Jahres 2005 überstreffen. (siehe Destatis)
    Quadratur des Kreises: Wie würde sich stark steigender Konsum auf die Klimaziele oder die Energiewende auswirken? Könnte nicht der Traum von steigendem Konsum bei demografischer Entwicklung und Steigerung der Arbeitsproduktivität bereits ausgeträumt sein und sich jährlich verringern?
    Werden die Mainstreamökonomen auf solche Fragen Antwort finden? Die Prognosen und Jahresgutachten in wenigen Wochen werden es zeigen. Die Erwartungen sollten nicht zu hoch geschraubt sein.

  2. Fabian Fritzsche
    24. August 2012 um 13:58

    Zwischen Anfang der 90er und dem Beginn der Krise stieg die Produktivität um 1,4%. Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit war zumindest in Westdeutschland immer gegeben. Der Leistungsbilanzsaldo lag Ende der 90er Jahre bei -1,3% des BIPs (was m.E. nicht für eine miserable Wettbewerbssituation spricht), schon 2003 aber bei +3%. Und um diesen Zeitraum geht es doch, um die Jahre zwischen 2000 und 2007 in denen trotz bereits hoher Wettbewerbsfähigkeit die Kosten immer weiter gesenkt wurden.

    An welche jungen Volkswirtschaften denken Sie denn? Die demographische Situation ist in ganze Europa und Ostasien ähnlich (also letztlich bei all unseren Handelspartnern). Und wie gesagt, niemand soll auf Investitionen oder Exporte verzichten, darum geht es nicht. Ohne gemeinsamen Währungsraum würden es diese Exportüberschüsse jedoch nicht in dem Maße geben, eine Aufwertung hätte die Wettbewerbsfähigkeit sowie das Auslandsvermögen längst reduziert, bevor es zu solchen Verzerrungen gekommen wäre. Die Renditen in heimischer Währung wären dann mitnichten so toll gewesen.

    Selbstverständlich ist Wettbewerbsfähigkeit ein relativer Begriff. Wie sollte denn absolute Wettbewerbsfähigkeit aussehen?

  3. R.B.
    23. August 2012 um 17:45

    Sg Hr. Fabian Fritzsche,
    Ist es Zufall, dass Ihr Artikel genau am selben Tag das Licht der Öffentlichkeit erblickte wie der von Bert Rürup im HB?
    Er hat jedenfalls ein paar gute bis sehr gute Argumente auf seiner Seite und geizt auch nicht mit ein paar Seitenhieben (s.u.).

    http://www.handelsblatt.com/meinung/kolumnen/kurz-und-schmerzhaft/professor-chiffre-das-deutsche-geschaeftsmodell-kein-auslaufmodell/7038876.html
    Ich zitiere aus dem HB-Artikel:
    „Jedes Mal, wenn sich ein wirtschaftlicher Abschwung ankündigt, wird das deutsche Geschäftsmodell, das exportorientierte Wirtschaftswachstum, infrage gestellt – nicht nur von niedergangsverliebten Wirtschaftsjournalisten, sondern auch von so renommierten  Ökonomen wie Paul Krugman oder Josef Stiglitz“.

    „..Niedergangsverliebten Wirtschaftsjournalisten…“ 😉

    Und weiter:
    „Das „Modell des exportgetriebenen Wirtschaftswachstums“ ist weder zufällig in den letzten Jahren entstanden, noch wurde es von irgendwelchen Wissenschaftlern am Reißbrett entworfen und von hörigen Politikern umgesetzt, sondern ist das Resultat von sich in über 150 Jahren herausgebildeten komparativen Kostenvorteilen unserer Volkswirtschaft.“

    „Dieser Spielraum entspricht der Summe aus dem gesamtwirtschaftlichen Produktivitätszuwachs und dem Preisniveaustabilitätsziel der EZB von knapp 2 Prozent – also über alle Branchen gerechnet von etwa 3,5 Prozent pro Jahr.“

    Ich vermute wenn wir zu den Tarif-Erhöhungen noch die Bonus-Zahlungen (in der Automobilindustrie) addieren, wurde der Spielraum dieses Jahr ausgeschöpft.

    Außerdem sollte man mMn sehr vorsichtig mit Vorschlägen umgehen, die den Standort Deutschland zusätzlich belasten. Überalterung und eine sich abzeichnende misslingende Energiewende tun schon das Ihrige.

    In einem Beitrag auf einen Artikel von Hrn. A.K. haben Sie einmal von „Lohn-Moderation“ gesprochen.

    Frage: Wie soll die Lohn-Moderation in der Praxis aussehen?
    Löhne und Gehälter werden doch autonom von den Tarifparteien ausgehandelt.
    Dabei sollten wir es m.E. auch tunlichst belassen. Oder soll etwa die EU-Kommission, EZB, ein Europäischer Thinktank oder gar die Professoren Horn und Flassbeck die Löhne festsetzen?

    Prof. Flassbeck fordert ja z.B. 4,5 % (oder 4,2 %?) pro Jahr über einen längeren Zeitraum wenn ich mich recht an einen länglichen und unterhaltsamen Vortrag erinnere.

    Hielten Sie eine solchen jährlichen Lohnzuwachs für angemessen?

    • Traumschau
      23. August 2012 um 17:58

      Bert Rürup lügt! Das Inflationsziel von 2% wurde von D. immer unterschritten. Die Löhne müssten demgemäß viel höher sein als gegenwärtig, wenn sie sich an der Produktivität orientiert hätten. Rürup ist Lobbyist und ein Vertreter der INSM – Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Er gehört zu den Leuten, die die Interessen von Versicherungskonzernen vertreten. Da war er in der Tat sehr hilfreich … ich hoffe, dass Sie diesen offensichtlichen Stuss nicht ernst nehmen!

    • demz
      24. August 2012 um 09:30

      Wenn man der Argumentation von Rürup folgt, dann bleibt nur zu hoffen, dass die Finanzmärkte die defizitären Südländer (unsere Schuldner) auch in den nächsten Jahrzehnten klaglos finanzieren. Offensichtlich ist das jedoch bereits jetzt schon kaum mehr der Fall. Warnungen unserer dt. Politiker vor dem Bankrott der Südländer machen es für Investoren sicherlich auch nicht schmackhafter, eine ganze Generation lang zu warten, bis das alternde Deutschland seinen Exportüberschuss und damit das Exportdefizit Süddeuropas abbaut. Sollte es bis dahin zu Austritten aus der Währungsunion kommen, hätten wir Deutschen umsonst gespart, unsere Forderungen wären entwertet. Also, die Argumentation von Fabian Fritzsche ist da schlüssiger. Auch das dt. Stabilitätsgesetz gibt ja ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht als Ziel vor.
      Ferner bemäntelt Rürup wie immer den Produktivitätsfortschritt, der ja die Nachteile der Alterung überkompensiert, wenn sich denn nur die Lohnentwicklung an den Produktivitätssteigerungen orientieren würden. Dann könnten auch die erforderlichen Anstiege der GRV, Gesundheits und Pflege Beiträge finanziert werden. Aber an einer vitalen GRV z.B. hat Rürüp mit seiner maschmeyerrürup ag natürlich gerade kein Interesse. Wer sollte sich sonst noch privat versichern lassen??
      Zu Ihrem letzten Absatz Lohnmoderation hat Fabian Fritzsche bereits vor einiger Zeit einen interessanten Beitrag geschrieben: „Erfolgsformel Lohnzurückhaltung?“ (einfach googeln). Darin schreibt er: „Die Kritiker wenden hier ein, dies sei Aufgabe der Tarifparteien und der Staat habe darauf keinen Einfluß. Die gleichen Personen betonen jedoch den Erfolg der Arbeitsmarktreformen, schließen also Auswirkungen der Politik auf den Arbeitsmarkt keineswegs aus. Sicherlich sind Lohnabschlüsse Aufgabe der Tarifparteien, doch hat die Politik in Deutschland in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren gezeigt, dass es durchaus möglich ist, die Entwicklung des Lohnniveaus zu beeinflussen. So wie die Politik in der Vergangenheit zu sehr moderaten Tarifabschlüssen beigetragen hat, sollte sie nun versuchen, etwas höhere Lohnabschlüsse zu erwirken.“
      Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

    • Fabian Fritzsche
      24. August 2012 um 09:35

      Der durch den Produktivitätsfortschritt gegebene Lohnerhöhungsspielraum wurde möglicherweise in diesem Jahr einmal ausgeschöpft, jahrelang jedoch nicht. Tatsächlich sind die Überschüsse auch anders als Rürup behauptet keineswegs das Ergebnis von 150 Jahren komparativen Vorteilen, sondern ein eher neues Phänomen der Eurozeit, eben jener Periode mit Lohnmoderation und gleichzeitig fehlender Aufwertungsmöglichkeit der deutschen Währung.

      Die 3,5% sind zumindest lediglich neutral, gut wären also etwas mehr Erhöhung.

      Zudem hat der Staat selbstverständlich einen Einfluß auf die Lohnerhöhungen bzw. auf die Entwicklung der Lohnstückkosten (z.B. hat die Erhöhung der Mwst. zugunsten einer Senkung des ALV-Beitrags 2007 die Lohnstückkosten gesenkt, den Konsum aber belastet und das zu einer Zeit bereits hoher Überschüsse). Die niedrigen Lohnabschlüsse vor der Krise waren doch kein Zufall, sondern auch Ergebnis politischen Handels mit dem expliziten Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

      Die „Überalterung“ betrifft zudem praktisch alle Handelspartner und wird auch daher nicht zu einer Verschlechterung der Wettbewerbssituation führen. Vielmehr wäre das sogar ein Argument für den Abbau der Überschüsse. Also das IW argumentiert, die Überschüsse wären gut, weil damit die zukünftigen Rentner finanziert werden könnten. Wenn man jedoch unterstellt, die geringer werdende Zahl an deutschen Erwerbstätigen werde Probleme haben, die deutschen Rentner zu versorgen, so gilt dies für unsere Handelspartner analog genauso und zusätzlich müssten die Erwerbstätigen etwa in Frankreich und Italien auch noch die Zinsen und Dividenden für die deutschen Auslandsforderungen erwirtschaften. Das wird dann natürlich erst recht nicht funktionieren. Wer also mit Leistungsbilanzüberschüssen als sinnvoller Rentenanlage argumentiert, sollte auch sagen, wo Deutschland Überschüsse erzielen sollte.

      • regnar
        24. August 2012 um 13:10

        Hr Fritzsche

        – Jahre lang, nein Jahrzehnte lang hatten wir Massenarbeitslosigkeit, da kann man die laecherlichen Produktivitaetssteigerungen nicht gering genug einschaetzen, und in der Situation haetten die Unternehmen die Loehne erhoehen sollen? Trotz enormer Schuldenberge? Und das bei der miserablen Wettbewerbssituation Ende der 90er?

        – Leistungsbilanzueberschuesse, mithin der darin saldierten Schuldnerposition (aus dem Kapitalexport) des Auslandes sind zum Teil (!) auf Sand gebaut -> verbuchen wir das einfach unter „temporaeres Phaenomen“, es fliesst mitlerweile kein Geld mehr in die Volkwirtschaften die jetzt Probleme haben ihre Schulden (inkl Zinsen und Dividenden) zu bedienen, was euphemistisch auf die Bezeichnung „Eurokrise“ lautet, aber letztlich das phaenomenale Wirken der Marktwirtschaft demonstriert (zumindest halbwegs ;-))

        – aber es gibt da draussen eine Welt, die ist anders als zB Italien und Frankreich, noch relativ jung, mit hohem Wachstumspotential, die verzeichnet tolle Produktivitaetssteigerungen-> und denen sollte man kein Kapital zur Verfuegung stellen und auf grossartige Renditen verzichten????

        – die Uebertalterung, ob im Altersheim Europa+Japan oder in absehbarer Zeit auch Nordamerika bedeutet eine starke Bindung von zur Verfuegung stehenden Recourcen (Kapital) die auf die Entwicklungspotentiale Einfluss haben. Wer behauptet denn, dass dieser Rentnercluster das Mass der Dinge ist an dem sich die Wettbewerbsfaehigkeit orientieren soll?

        – Wettbewerbsfaehigkeit ist KEIN relativer Begriff. Unter anderem beinhaltet sie vorausschauendes und nachhaltiges Agieren der Politik (zB indem sie eine angemessene und effiziente Versorgung von Ruhestaendlern ermoeglicht)

  4. Traumschau
    23. August 2012 um 11:40

    Guter Artikel!
    Richtig ist, dass die unteren Einkommen steigen müssen. Die Menschen mit geringen Einkommen oder in prekären Beschäftigungsverhältnissen MÜSSEN jeden Cent ausgeben und kommen doch nur mehr schlecht als Recht über die Runden.
    Sie drücken sich aber um die Konsequenz Ihrer eigenen Gedanken: den gesetzlichen Mindestlohn! Nicht nur aus oben genannten Gründen sondern auch deshalb, weil wir über Steuergelder, d.h. Sozialleistungen, die Gewinne der Unternehmen subventionieren (Aufstocker, etc.). Das ist angesichts der Unternehmensgewinne gerade im Vergleich zu der Entwicklung der Reallöhnen in D. nicht hinzunehmen. Der Mindestlohn würde m.E. für D. UND Europa zu einer Win-Win-Win-Situation führen:
    1. Mehr Importe – d.h. eine ausgeglichenere Handelsbilanz, gut für unseren Binnenmarkt, gut für die Menschen, die dann endlich wieder einigermaßen gerecht bezahlt werden. Wir werden sehen, dass der Export noch stark einbrechen wird. Dann wäre ein stärkerer Binnenmarkt ein Segen!!
    2. Unsere Nachbarn bekommen wieder die Chance, ihre Waren zu exportieren. Damit bekommen wir auch die Chance, einen Teil unserer Auslandsforderungen zurück zu bekommen (von den target2-Forderungen ganz zu schweigen). Staaten die pleite sind, sind absolut nutzlos für uns und gefährlich für die Stabilität in Europa!!
    3. Höhere Steuereinnahmen, geringere Ausgaben für Sozialleistungen.
    4. Ein friedlicheres Miteinander in Europa. Dieses Hauen und Stechen und Südstaaten-Bashing ist für die europäische Integration nicht sehr förderlich!
    Abseits davon ist die Regulierung der Finanzmärkte (Trennbankensystem SOFORT) aber eine notwendige Voraussetzung für die Lösung der Krise. KEINE Maßnahme wird Erfolg haben, wenn das nicht zuerst in Angriff genommen wird. Dann muss über ein Umverteilungssystem die Kapitalkonzentration zumindest entschärft werden. Denn die Rettungspakete für die Banken führten und führen zu einer höheren Staasverschuldung, die derzeit durch Sparanstrengungen bei der arbeitenden Bevölkerung bzw. Sozialleistungsbeziehern wieder reingeholt werden – in ganz Europa. Das geht nicht mehr lange gut – soviel ist sicher!

    Tja, da man aber das alles nicht sehen kann oder aus ideologischen Gründen nicht sehen will, wird der Euro zerbrechen. Schade auch!!
    Aber Hauptsache D. ist Exportweltmeister. Es geht doch nichts über das einfache Weltbild einer „schwäbischen Hausfrau“!

    • Paul Weidmann
      23. August 2012 um 15:21

      Guter Kommentar!
      Leider wurde vergessen die Mindestrente, nicht i.H. von € 850,– / KV-Beitrag wie von der Leyen ihn vorschlägt, sondern i. H. von € 1050,–. Viele Menschen würden aus der Armut geholt und die Binnennachfrage würde einen Schub bekommen.

      • Traumschau
        23. August 2012 um 18:06

        Jau! Danke für den Hinweis! Stimmt natürlich!

  5. Lesefuchs
    23. August 2012 um 11:26

    Vollkommen richtig! Sehr viele Kommentatoren vergessen über ihren „Exportstolz“ genau die Tatsache, dass wir die Waren praktisch gegen Gutschein verschenken. Ob der mal eingelöst werden kann…. Dieses Geld liegt irgendwo rum und nützt keinem etwas. Aus meiner Sicht sind hier aber die Medien Schuld das Otto Normalverbraucher diesen Zusammenhang nicht sieht. Er wird schlicht verschwiegen, da nur die Schlagzeile WELTMEISTER für den deutschen Michel wichtig ist. Auch um die aktuelle Poltik gegenüber alle Widerstände von Aussen zu rechtfertigen. Und damit natürlich auch die Wiederwahl zu sichern. Viele finden Frau Merkel toll, da sie so hart gegenüber den anderen Ländern argumentiert. Das wir aber letztlich alle im selben Boot sitzen und auch gemeinsam untergehen, wollen die meisten nicht wahr haben!!! Wenn es dann den Bach runtergeht dann sind, auch eine Folge der medialen Unbildung des Volkes, natürlich die anderen Schuld – wetten?!

  6. Thomas Stockert
    23. August 2012 um 11:21

    Es ist wirklich wohltuend, zu sehen, dass es doch noch Wirtschaftsredakteure gibt, die die einfachen logischen makroökonomischen Zusammenhänge verstehen!
    Danke!

    • Paul Weidmann
      23. August 2012 um 15:27

      Die meisten Wirtschaftsredakteure sind ausgebildete Volkswirte, viele von denen folgen leider dem ideologisch geprägtem Mainstream. Das beste Beispiel ist Marc Beise von der Süddeutschen Zeitung. Ich wünsche mir auch mehr sachlich und kritisch aufbereite Beiträge in den Zeitungen.

  1. 26. August 2012 um 16:49
  2. 23. August 2012 um 09:02
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