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Wirtschaftsdienst exklusiv – Inflation und Schuldenabbau

10. September 2012

Die Maßnahmen der EZB zur Euro-Rettung sind heftig umstritten. Vor allem Befürchtungen ansteigender Inflationsraten lassen kritische Stimmen aus Deutschland laut werden. Zu Unrecht glauben die Autoren des aktuellen Zeitgesprächs.

Thomas Straubhaar und Henning Vöpel, Direktor und Senior Economist am Hamburgischen WeltWirtschaftsinstitut, stehen der deutschen Angst vor dem Ende der Geldwertstabilität angesichts der expansiven Geldpolitik der EZB kritisch gegenüber. Nicht zuletzt mit dem Hinweis auf die Hyperinflation der 1920er Jahre als Trauma der Deutschen mit psychopolitischen Folgen werden diese Befürchtungen wenn nicht als irrational so doch als unreflektiert markiert.

Grundsätzlich sprechen sich Straubhaar und Vöpel für eine aktive Rolle der EZB in der Euro-Krise aus. Dabei stützen sie sich zum einen auf das angelsächsische Konzept der optimalen Inflationsrate, wonach eine Inflation auch zu positiven makroökonomischen Effekten führen kann. Zum anderen halten sie eine Inflationsgefahr im rezessiven Umfeld des Euroraums für unwahrscheinlich. Bei einer erneuten Rezession können eher Deflationsrisiken entstehen, sodass die expansive Geldpolitik der EZB geradezu ratsam sei. Außerdem halten die Autoren mit dem Hinweis auf die derzeit geringe Kreditschöpfung der Geschäftsbanken und den globalen Verflechtungen der Weltwirtschaft eine kausales Verhältnis zwischen Geldmengenwachstum und Inflation nicht für zwingend gegeben.

Die befürwortende Haltung der Autoren gegenüber der Geldpolitik der EZB ist jedoch gekoppelt an die Annahme, dass es sich bei der Euro-Krise um eine Vertrauenskrise handelt. Insofern dürfen die Hilfen der EZB lediglich als kurzfristige akzeptiert werden. Straubhaar und Vöpel warnen davor die Interventionen der EZB als permanenten Lösungsweg für einen nicht-optimalen Währungsraum zu nutzen. In diesem Fall bedeutet eine solche Geldpolitik die Behinderung überfälliger Konvergenzprozesse im Euro-Raum und damit die tatsächliche Gefahr einer Inflation.

Gerhard Illing, Leiter am Seminar für Makroökonomie am Institut für Volkswirtschaftslehre der LMU München, erörtert in seinem Beitrag die Kommunikationsprobleme unkonventioneller Geldpolitik. Die Problemlage veranschaulicht er anhand der aktuellen Politik der Federal Reserve. Obwohl sich eine höhere Inflationsrate in der sogenannten Liquiditätsfalle im Fall Japans als wirksam erwiesen hat, scheint die amerikanische Notenbank die Strategie des Abwartens zu verfolgen. Eine gefährliche Strategie wie Illing befindet, droht sie doch die Probleme immer weiter zu verschärfen. Er plädiert deshalb für die Strategie der Steuerung des nominalen BIP.

Ähnlich wie Straubhaar und Völpel verweisen Heiner Flassbeck, Direktor der Division „Globalization and Development Strategies“ der UNCTAD Genf, und Friederike Spiecker, freie Wirtschaftspublizistin, auf ein erhöhtes Deflationsrisiko und prangern die medial geschürte Angst vor einer Hyperinflation an. In ihrem Beitrag analysieren sie Asymmetrien geldpolitischer Wirkungsmöglichkeiten und insistieren auf die Notwendigkeit direkter Einkommenspolitik und expansiver Finanzpolitik.

Da eine Inflationierung vor allem Vermögensanlagen des Normalbürgers belaste, ziehen Stefan Bach und Gert G. Wagner, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Vorstandsvorsitzender des DIW, gezielte Steuererhöhungen in Betracht um Staatsschulden geordnet und sozial ausgewogen zu senken. In diesem Zusammenhang diskutieren die Autoren eine einmaligen Vermögensabgabe, die den deutschen Schuldenstand binnen zehn Jahre deutlich an die im Maastricht-Vertrag festgeschriebene 60%- Marke führen könnte. Die einmalige Abgabe habe anders als bei der Erhöhung von konventionellen Steuern den Vorteil Ausgleichs- und Verlagerungseffekte auszuschließen. Eine solche Maßnahme fördere die positive Wirkung der gesetzlich festgeschriebenen Schuldenbremse und qualifiziere sich daher für ein Schuldentilgungspaket, wie ihn der Sachverständigenrat zur Lösung der Schuldenkrise fordere.

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  1. H.Ewerth
    11. September 2012 um 16:11

    Ich weiß nicht warum, seit Beginn der Krise, ist in allen Medien zu hören und zu lesen, dass von sog. „Hilfen“ gesprochen wird? Welche Hilfen bitteschön? Im Zweifel hilft sich Deutschland selber, und mitnichten andere Länder. Im Gegenteil, auf Grund der Tatsache, dass Europa zwar eine gemeinsame Währung hat, aber nicht gemeinsam für den Konstruktionsfehler des Maastricht Vertrages haften will, zahlen die kleinen so hohe Zinsen, und Deutschland zahlt fast gar keine Zinsen, und ist somit der größte Profiteur der Krise in Europa.
    Vielleicht auch deshalb weigert sich die Regierung, die Geldquelle die so unerwartet sprudelt zu schließen, und um diesen Status aufrecht zu erhalten, wurden die Fakten so verdreht, und aus einem „gemeinsamen Währung, wird ein auseinander laufendes Europa, welches dem einen 6 Prozent Überschüsse erlaubt, und den anderen „seine“ Defizite von mehr als drei Prozent bestrafen will? Als wenn Schulden etwas mit Schuld zu tun haben? Die Krise hat viele Väter, aber mitnichten sind die kleinen Länder alleine dafür verantwortlich. Wer die Eurozone als Selbstbedienungsladen gesehen hat und immer noch sieht, der hat den Sinn von Gemeinsam nicht verstanden. Wer zu Lasten der kleinen Länder alles niederkonkurriert, braucht sich über die Schwierigkeiten in der Eurozone nicht beschweren

  1. 11. September 2012 um 08:20
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