Jahrestagung des VfS 2012: „Auch Wissenschaftler sind politische Menschen“
Der St. Gallener Ökonom Gebhard Kirchgässner hat die eigene Zunft beim Thema Politikberatung in die Pflicht genommen. Im Rahmen der Thünen-Vorlesung, die er Montagabend hielt, konnte er sich ein paar spitze Bemerkungen nicht verkneifen: Es sei höchst inkonsistent, wenn Ökonomen in ihrer Arbeit ständig unterstellten, dass alle Menschen nur Geld und Einfluss zu maximieren versuchten – und gleichzeitig angenommen würde, dass Wirtschaftsberater selbst aber altruistisch seien.Da fühlte man sich gleich an die Aufrufe zur Euro-Krise erinnert, die vor ein paar Wochen die Gazetten fluteten.
Wirtschaftspolitische Berater verhielten sich eher selten wie Experten, die auch das Gemeinwohl im Sinn hätten, so Kirchgässner. „Auch Wissenschaftler sind politische Menschen.“
Mehr Transparenz in der Forschung sei nötig, forderte er. Ebenso müssten Wirtschaftswissenschaftler alle Finanzierungsquellen und potenziellen Interessenskonflikte in ihrer Arbeit aufzeigen, forderte er.
Die Thünen-Vorlesung wurde so auch zu einem fein inszenierten Stück Eigenmarketing. Nur wenige Stunden zuvor hatte der Verein für Socialpolitik bekannt gegeben, sich einen Ethikkodex zu verpassen – der einige der Forderungen von Kirchgässner enthält. Viele seiner Empfehlungen seien in den Kodex eingegangen, sagte VfS-Chef Michael Burda nach der Vorlesung.