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Wirtschaftsdienst exklusiv – Europas künftige Rentenkluft

19. Mai 2014

Es ist noch nicht lange her, da empfahl Angela Merkel anderen Ländern, ihre Bürger länger arbeiten zu lassen. Hilfsprogramme für andere Länder sollten nur für „Gegenleistungen“ zu bekommen sein, und dazu zählten nach deutscher Sicht offensichtlich auch eine Angleichung der Renteneintrittsalter nach oben. Inzwischen hat der Wind bei der Rente hierzulande etwas gedreht, und es geht (jedenfalls für einige) erst einmal wieder etwas runter mit dem Eintrittsalter, bevor es in ein paar Jahren wahrscheinlich wieder weiter nach oben gehen wird. Von Hubert Beyerle

Darüber wird derzeit viel diskutiert, aber viel spannender ist dabei die Frage, ob die Rente ein Thema für Europa ist: Geht es uns etwas an, wann Griechen oder Franzosen in Rente gehen? Noch deutlicher: Sollte ein einheitliches Renteneintrittsalter für die EU ein Ziel sein?

Die EU-Kommission proklamiert als Ziel, das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung zu knüpfen. Das klingt vernünftig –ist aber bei näherem Hinsehen unsinnig: Denn dabei wird übersehen, dass die Bevölkerungsentwicklung in den Ländern der EU sehr unterschiedlich aussieht. Wenn man diese Unterschiede berücksichtigt, ergeben sich auch beträchtliche Unterschiede beim nachhaltigen Renteneintritt. Besonders ungünstig sieht es dabei für Deutschland aus, denn kaum eine Gesellschaft altert so schnell wie unsere. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse von Sven Schreiber, Gastprofessor an der FU Berlin und Mitarbeiter am Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung, und mir, die nun im aktuellen Heft des Wirtschaftsdienstes veröffentlicht worden ist. Laut unserer Analyse „gibt es keinen ersichtlichen ökonomischen Grund für eine Angleichung der Renteneintrittsaltersgrenzen“.

Die Grundannahme dabei ist die: Nachhaltig organisiert ist Alterssicherung dann, wenn das Verhältnis zwischen Ruheständlern und Beschäftigten – der „Rentnerquotient“ – konstant bleibt. Daraus lässt sich dann ein nachhaltiges Renteneintrittsalter für die einzelnen Länder ermitteln. Das Ergebnis lautet in mehrere Szenarien immer, dass die Deutschen unter dieser Bedingung erst deutlich später in Ruhestand gehen können als die Menschen in anderen Ländern Europas.

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