Fabian Fritzsche: Zeit für Optimismus
Das Jahresende ist immer auch die Zeit der Wirtschaftsprognosen und auf den ersten Blick scheint es eine große Einigkeit zu geben. Erst sanken in der zweiten Jahreshälfte die Frühindikatoren wie ifo und ZEW-Index und dann wurden in nahezu allen Gutachten von EZB über Bundesbank bis zu den Wirtschaftsweisen die Wachstumserwartungen für 2015 sowohl für Deutschland als auch die Eurozone gesenkt.
Doch möglicherweise wurden all diese Prognosen ein klein wenig zu früh erstellt. Begründet wurden die pessimistischeren Prognosen zumeist mit recht abstrakten geopolitischen Risiken. Klar denkt dabei jeder sofort an den Ukraine-Konflikt und den IS-Terror im Nahen Osten. Wie sich diese Konflikte aber auf die deutsche oder allgemein westeuropäische Konjunktur auswirken, bleibt dann aber weitestgehend im Dunkeln. Wird in Deutschland wirklich weniger Geld von Unternehmen und Haushalten ausgegeben, weil es in Syrien und dem Irak einen Bürgerkrieg gibt? Der Wirkungskanal beim IS-Terror wären wohl eher höhere Ölpreise gewesen, die sich dann negativ auswirken. Trotz IS ist aber das Gegenteil eingetreten, die Ölpreise sind seit August um 30% gefallen und dies gemessen in Euro, der seinerseits noch klar gegenüber dem USD abgewertet hat. Gleichzeitig gibt es hinsichtlich der Ukraine keine weitere Eskalation und die IS-Terrorgruppe scheint nun auch an ihre Grenzen zu stoßen.
Während also die recht abstrakten und in ihren ökonomischen Folgen kaum bezifferbaren geopolitischen Risiken eher ab- als zunehmen, gibt es mindestens zwei sehr greifbare Unterstützungen für die Konjunktur. Dieter Wehrmut von Herdentrieb-Blog beziffert alleine den Effekt des gesunkenen Ölpreises auf 0,5 Prozentpunkte BIP-Wachstum für Deutschland. Tatsächlich handelt es sich hierbei um eine positive Deflation, nicht ausgelöst durch sinkende Löhne, sondern schlicht durch weniger Kaufkraft, die ins Ausland fließt. Zusätzliche Unterstützung bringt die Abwertung des Euros speziell gegenüber dem USD, wenn auch sicherlich weniger Impuls als die geringeren Energiepreise. Beide Effekte zusammen werden keinen konjunkturellen Boom auslösen, aber für Pessimismus gibt es ebenso wenig Grund.
Die negativen Impulse von Außen nehmen eher ab, die positiven haben klar zugenommen während sowohl die USA als auch die Schwellenländer weiter ordentlich wachsen. Und inländisch mag sich die Situation in Frankreich und Italien noch etwas weiter verschlechtert haben, Spanien scheint dafür die Trendwende geschafft zu haben. Zudem ist die Geldpolitik nicht nur weiter sehr expansiv, sondern erhöht ihren Impuls sogar noch einmal. In Summe über die gesamte Eurozone sollte das Wirtschaftswachstum daher im kommenden Jahr zwar nicht rosig aber doch spürbar besser ausfallen als noch im laufenden Jahr. Im Optimalfall sorgt der externe Impuls der gesunkenen Energiepreise und der Euroabwertung für den Startschuss zu einem sich selbst tragenden Aufschwung der Eurozone gestützt durch eine bis auf weiteres expansive Geldpolitik und eine zumindest nicht mehr restriktive Fiskalpolitik. Sollten die Ölpreise nicht schon kurzfristig wieder sprunghaft ansteigen, werden die die Prognose im Frühjahr wahrscheinlich angehoben werden müssen.
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12. Dezember 2014 um 11:005 vor 10: Ukraine, Konjunktur, Wachstum, Sri Lanka, Soli | INSM Blog