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Fabian Fritzsche: Geldmengenwachstum im Vergleich

12. Februar 2015

Als EZB-Präsident Draghi am 22. Januar ein Anleihenkaufprogramm in Höhe von 60 Mrd. Euro pro Monat bekannt gab, schwante selbst grundsätzlichen Befürwortern des Euro und der EZB, dass nun die große Inflation nicht mehr weit sein könne. Summen im zweistelligen oder über die gesamte bislang geplante Laufzeit gare vierstelligen Milliardenbereich klingen offenbar einfach unvorstellbar groß, ein in Relation setzen scheint ausgeschlossen.

Nun sind 60 Mrd. Euro pro Monat bzw. 1.200 Mrd. Euro insgesamt bis September 2016 tatsächlich nach fast allen Maßstäben eine gigantisch große Summe. Dennoch ist es sicherlich sinnvoll, sich nicht von wirklich oder vermeintlich hohen Absolutbeträgen schrecken zu lassen.

Zuvor ist jedoch ein Blick zurück hilfreich, gilt doch die EZB zumindest in Deutschland von Beginn an als weniger stabilitätsorientiert als die Bundesbank und insbesondere Draghi hat hierzulande den Ruf des „Geldschleusen-Öffners“. Für das Geldmengenwachstum zu DM-Zeiten liegen Daten seit 1970 vor. In dieser Zeit von Januar 1970 bis Dezember 1998 lag das Geldmengenwachstum bei durchschnittlich über 7,9% pro Jahr. Seitdem die EZB 1999 die Verantwortung für die Geldpolitik übernommen hat bis Dezember 2014 lag das Geldmengenwachstum im Durchschnitt bei lediglich 5,4% pro Jahr und unter der Ägide von Draghi, der seit November 2011 EZB-Präsident ist, stieg die Geldmenge in der Eurozone um ganze 2,3% pro Jahr an. Eine Geldschwemme lässt sich anhand dieser Zahlen kaum belegen.

Fritzsch

Nun waren die Rahmenbedingungen vor der Krise sicherlich auch anders, es wurde mehr investiert, ein höheres Geldmengenwachstum war also durch die realwirtschaftliche Entwicklung gerechtfertigt. Dennoch fällt es schwer, 2,3% Wachstum der Geldmenge in irgendeiner Form als Geldflut zu identifizieren.

Die Frage, die nun im Raum steht, ist, ob sich dies durch das Anleihenkaufproramm ändern wird. Handelt es sich nun mit 60 Mrd. pro Monat um die lang befürchtete Geldflut, die zu hoher, wenn nicht gar Hyperinflation führen wird? Inwieweit die Anleihekäufe zu Geldmengenwachstum führen, lässt sich nur abschätzen. Zwar werden die Käufe sozusagen mit frisch gedrucktem Geld bezahlt, es ist aber denkbar, dass dafür die Geldschöpfung an anderer Stelle geringer ausfällt. Unterstellt man, dass die Käufe in vollem Umfang zusätzliches Geldmengenwachstum bedeuten, geht es also absolut um 720 Mrd. pro Jahr, was ausgehend vom aktuellen Niveau der Geldmenge M3 von 10,3 Mio. recht genau 7% zusätzliches Geldmengenwachstum bedeuten würde. Das wäre dann zwar kein besonders niedriger Wert, aber auch kein ungewöhnliches hoher. Wer in der Vergangenheit vor der Krise keine Angst vor Hyperinflation hatte, muss nun auch keine bekommen.

Dabei wäre eine gewisse Erwartung einer steigenden Inflation sogar sehr hilfreich. Anders als oft argumentiert, haben die Inflations- und Deflationserwartungen, solange sie sich in einem gewissen Rahmen bewegen, wohl kaum Einfluss auf das Konsumverhalten. Die wenigsten haushalte werden schon heute in Erwartung steigender Preise einen neuen Kühlschrank kaufen und umgekehrt werden sicherlich nur wenige Käufe aufgrund der Erwartung fallender Preise in die Zukunft verschoben. Anders verhält es sich aber bei den Unternehmen. Für die Rentabilität einer Investition ist die Entwicklung der Preise eine maßgebliche Größe. Eine Investition, die heute finanziert werden will, rechnet sich weitaus seltener, wenn die Preise während der Laufzeit der Investition (also z.B. der Verkaufspreis des Gutes, welches mit einer Maschine produziert wird)voraussichtlich fallen werden. Unterstellt man hingegen bei der Rentabilitätsrechnung stetig steigende Preise, erhöht sich die erwartete Rendite entsprechend.

Sollten sich also aufgrund der nun noch expansiveren Geldpolitik der EZB die Inflationserwartungen – insbesondere der Unternehmen – erhöhen , wäre dies positiv und sollte zu steigenden Investitionen führen, auch wenn real keine Gefahr hoher Inflation gegeben ist.

  1. 16. Februar 2015 um 12:41

    Hat dies auf Goldene Zeiten rebloggt und kommentierte:
    Bei den Ankündigungen der unvorstellbaren „Geldmengengeschenke“ lohnt sich ein Blick hinter die Kulisse.

  1. 13. Februar 2015 um 17:45
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