David Milleker: Britisches EU Referendum: Bleibt Cameron absichtlich so unkonkret?
Seit dem Sieg der Konservativen bei den Unterhauswahlen im Mai ist klar, dass es bis spätestens Ende 2017 ein britisches Referendum über den Verbleib in der EU geben wird. Das Versprechen der Regierung Cameron ist, vor diesem Referendum das Verhältnis Großbritanniens zur EU „grundlegend“ zu verändern.
Im Gegensatz zu dieser Ankündigung bleiben die britischen Vorschläge, was unter diesem „grundlegend“ zu verstehen ist, aber ausgesprochen vage. Irgendwie möchte man „weniger EU“ bei Fragen wie Zuwanderung und gemeinsamer Agrarpolitik, „mehr EU“ bei der Liberalisierung des Binnenmarktes für Dienstleistungen und generell ein kleineres EU-Budget. Konkret ausformuliert ist aber keine dieser Forderungen. Es gibt gute Gründe, hier konstruktive Ambivalenz zu vermuten.
Schon die Rede David Camerons aus dem Jahr 2013, in der er erstmals das Referendum vorschlug, lässt bei sorgfältiger Lektüre erkennen, dass er sich an die Spitze der Befürworter für einen Verbleib in der EU setzen möchte. Vor dem Hintergrund der in den eigenen Reihen ungeliebten, damals noch bestehenden Koalitionsregierung musste er gleichzeitig seinen EU-kritischen Parteiflügel besänftigen. Und außerdem ist die Idee eines Referendums über die EU in Großbritannien schon vor dieser Rede sehr populär gewesen. Schon 2012, also noch vor der Ankündigung, unterstützten 60% ein solches Referendum. (Hinweis: Umfragewerte im Text basieren auf Befragungen des Meinungsforschungsinstituts YouGov und können hier nachgelesen werden.)
Bei den Umfragen zum EU-Referendum, die YouGov schon seit 2012 regelmäßig durchführt, lohnt es sich, genau hinzuschauen. Die Fragestellung lautet entweder ganz simpel: Wie würden Sie in einem EU-Referendum abstimmen? Oder aber elaborierter: Wie würden Sie in einem EU-Referendum abstimmen, wenn vorher das Verhältnis zur EU von der Regierung neu ausgehandelt worden wäre und sich diese nun für einen Verbleib aussprechen würde?
Die Ergebnisse hängen ganz entscheidend davon ab, welche Frage gestellt wird. Im reinen Referendumsfall sprechen sich 45% für einen Verbleib und 33% für einen Austritt aus (4% Enthaltung, 16% weiß nicht). Im Referendumsfall nach Neuverhandlung sprechen sich dagegen 57% für einen Verbleib aus und nur 22% für einen Austritt (5% Enthaltung, 17% weiß nicht).
Schenkt man diesen Umfragewerten Glauben, muss Cameron den Wählern am Ende eigentlich nur irgendwelche Änderungen präsentieren, um am Ende ein Votum für einen EU-Verbleib zu bekommen. Und je unkonkreter seine Forderungen heute sind, umso weniger kann ihm von Austrittsbefürworten vorgeworfen werden, seine Ziele nicht erreicht zu haben. Große Änderungen am EU-Vertrag können bis 2017 wohl ohnehin nicht durchgesetzt werden.
Aus all diesen Gründen dürfte Cameron daran gelegen sein, bei seinen EU-Reformzielen möglichst unkonkret zu bleiben und einfach zu schauen, an welchen Punkten die anderen europäischen Partner für britische Wünsche offen sind.