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Wirtschaftsdienst exklusiv: Länderratings subjektiv!

11. Oktober 2015

Länderratings haben für die Beurteilung von Schuldnerstaaten eine große und durch die Bankenregulierung Basel III noch gewachsene Bedeutung. Nach 2007 verschlechterten sich die Ratings für die Krisenländer rapide. Nach welchen Kriterien funktioniert das Rating? Welche Rolle spielen dabei Fundamentaldaten? Wie haben sich die großen Agenturen Standard & Poor´s, Moody´s und Fitch in der Krise verhalten? Was wäre in Zukunft wünschenswert?

Diesen Fragen gehen Dorothea Schäfer und Steffen Nauhaus vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in ihrem Beitrag für die aktuelle Ausgabe des Wirtschaftsdienst nach.

Ratings bewerten das Ausfallrisiko von Anleiheprodukten. Bonitätsprüfungen werden extern vorgenommen, weil einzelnen Investoren und damit potenziellen Gläubigern dafür genügend Ressourcen und Informationen fehlen. Ratingurteile sind vor allem nach den Reformen der Bankenregulierung wichtiger, denn diese Reformen  enthalten Mindestanforderungen für das Eigenkapital von Banken, die an die Bewertung ihrer Forderungen anhand von Risikogewichtungen geknüpft sind. Dies gilt zwar derzeit noch nicht für Kredite an EU-Staaten, ist aber für alle übrigen Staatskredite relevant. Zudem haben institutionelle Anleger Vorgaben, bis zu welcher Ratingnote sie Anleihen halten dürfen. Da können schlecht bewertete Staatskredite schnell einmal über die Schwelle zum Junk-Bond geraten.

Wie kommen die Bewertungen überhaupt zustande? Analysten sammeln zum einen Fundamentaldaten, die für jeden öffentlich zugänglich sind. Zum anderen nutzen sie spezielle Informationen aus Interviews mit Experten. Wie stark sich die unterschiedlichen Ratingkomponenten auswirkten, haben die DIW-Wissenschaftler empirisch untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass die sogenannten GIPS-Länder (Griechenland, Irland, Portugal und Spanien) von allen Agenturen schlechter bewertet wurden als Länder mit vergleichbaren Fundamentaldaten. Fatal war auch die Wirkung der Ratings auf die Risikoprämien, die in den Krisenjahren für diese Länder explodierten. Auch hier stellten die Autoren fest, dass vor allem die Komponenten, die auf subjektiven Bewertungen basierten, die Zinsaufschläge bewegten.

Die Ratingagenturen haben die Krise entscheidend verschärft – und dies vor allem auf Basis von subjektiven Einschätzungen. Dies sollte nach Auffassung der DIW-Wissenschaftler die Gesetzgeber dazu veranlassen, Verweise auf Ratings in Gesetzestexten zu eliminieren oder zumindest abzumildern. Sinnvoll wäre es, wenn Bewertungsmodelle auch inhaltlich geprüft würden.

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