Wirtschaftsdienst exklusiv – Wirtschaftsnobelpreis für Angus Deaton
2015 hat Angus Deaton den Wirtschaftsnobelpreis erhalten. Über sein Werk gibt es ausnahmsweise keine Meinungsverschiedenheiten unter Ökonomen. Alle halten seine Arbeiten für bahnbrechend und sehr wertvoll für die ökonomische Debatte. Maik Heinemann hat die wichtigsten Untersuchungen von Deaton im aktuellen Wirtschaftsdienst zusammengefasst.
Deaton hat sich vor allem mit der quantitativen Analyse des Konsumverhaltens beschäftigt. Der private Konsum ist in der Tat von zentraler Bedeutung für die Wirtschaftsforschung aber auch für die Politik, weil er die größte Komponente der aggregierten Nachfrage ist und damit auch die individuelle Wohlfahrt bestimmt. Deaton interessierte sich dafür, ob sich bestimmte Annahmen aus der Theorie auch empirisch nachweisen lassen. Dies gelang nicht. Er sah die Ursache dafür im Wesentlichen darin, dass der Konsum individuell betrachtet werden muss, eine Aggregation dagegen entscheidende Unterschiede verdecke.
Auch die Frage, wie sich Konsumausgaben im Laufe des Lebens aufteilen, sieht er anders als die Verfechter der „permanenten Einkommenshypothese“. Diese geht unter anderem davon aus, dass bei perfekten Kapitalmärkten und rationaler Erwartung der Konsum über die Lebenszeit hinweg geglättet werden kann. Wie perfekt die Kapitalmärkte funktionieren, konnten wir jüngst erleben. Bei Betrachtung der individuellen Situation zeigt sich, dass Verschuldungsrestriktionen zu berücksichtigen sind, d.h. nicht jeder erhält zu jeder Zeit Kredit, um Dellen in der Einkommensentwicklung auszugleichen und seinen Konsumpfad zu verstetigen.
Aus seiner Konsumforschung heraus hat sich Deaton mit der Armuts- und Wohlfahrtsmessung in Entwicklungsländern befasst. So hat er „maßgeblich daran mitgewirkt, dass Wohlfahrtsmessungen auf der Basis von Daten über Konsumausgaben und nicht etwa des Haushaltseinkommens erfolgen.“ Für die Entwicklungspolitik ist es dringend erforderlich, die auf nationaler Ebene erhobenen Daten international vergleichbar zu machen. Bei einer empirischen Auswertung hat er festgestellt, dass Daten auf Basis der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung das Konsumwachstum überschätzen, während Haushaltsbefragungen eher ein zu pessimistisches Bild ergeben. Seine Forschungen haben Wesentliches zur besseren Vergleichbarkeit dieser Daten beigetragen.
Deaton hat ebenfalls darauf aufmerksam gemacht, dass die Armutssituation einzelner Länder sehr unterschiedlich eingeschätzt werden kann, je nachdem welches Konzept der Datenaufbereitung genutzt wird. Heinemann meint, dass vor allem die Arbeiten zur Armuts- und Wohlstandsmessung „mitunter ein wenig spröde“ erscheinen mögen. Dennoch seien sie wichtig: „Schließlich basiert unsere Einschätzung darüber, welches Ausmaß die Armut in der Welt hat und mit welchen Maßnahmen diese zu bekämpfen ist, notwendigerweise auf solchem Datenmaterial.“