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Wirtschaftsdienst exklusiv – Für eine neue Industriepolitik!

9. August 2016

Europa ist ein langfristiges Erfolgsmodell. Seit der Finanzkrise werden hier aber niedriges Wachstum und erhöhte Arbeitslosigkeit verzeichnet. Karl Aiginger und Teresa Bauer vom österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) zeigen in der Jubiläumsausgabe des Wirtschaftsdienst Wege auf, wie die Wirtschaft langfristig und nachhaltig wieder „auf die Beine kommt“.

Die Industrie war eigentlich Europas Stärke. Allerdings ist der Industrieanteil hier wie auch in anderen OECD-Ländern drastisch gesunken: von 22% (1960) auf 14% (2014). Dabei ist das Verarbeitende Gewerbe als Träger von Innovationen ganz wesentlich für die Gesamtwirtschaft. Die einzelnen EU-Länder hatten bisher eher nationale industriepolitische Strategien. Und sie hatten auch unterschiedlichen Erfolg: In Großbritannien, Frankreich und Dänemark ist der Industrieanteil sehr stark gesunken, während in Deutschland, Österreich, Irland und Finnland der Rückgang nicht ganz so dramatisch ausfiel (vgl. Abbildungen).

Abbildungen Aig

Seit der Jahrtausendwende hat die EU-Kommission aber die Relevanz des Sektors erkannt und verfolgt seitdem das Ziel, den Anteil der Industrie am Bruttoinlandsprodukt bis 2020 auf 20% zu steigern. Die Experten des WIFO finden aber, dass es nicht ausreicht, allein auf die Zahlen zu schauen und die Expansion durch Subventionen zu fördern. In der Vergangenheit wurden hier häufig falsche Anreize gesetzt.

Viel besser wäre eine neue Strategie: technologisch orientiert, nachhaltig und systemisch. Wichtig ist eine Industriepolitik, die Umweltgesichtspunkte berücksichtigt, aber auch einem Wachstum dient, das Lebensqualität als Erfolgsmaßstab anstrebt. Solch eine Strategie wendet sich von der alten rückwärtsgewandten Industriepolitik ab. Vor allem sollte sie nicht Input-orientiert sein, d.h. nicht mehr dem Ziel anhängen, den Wettbewerb über niedrige Preise zu gewinnen. Wettbewerbsfähigkeit sollte vielmehr über Qualität, Know-how, Technologien und gut ausgebildete Arbeitskräfte gewährleistet werden.

Die Autoren fassen zusammen: „Die Industriepolitik soll neu definiert und als Summe der Maßnahmen verstanden werden, welche die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit einer Wirtschaft unterstützen … Langfristig werden die Wettbewerbsfähigkeit und die Lebensqualität durch Innovationen und Ausbildung bestimmt, nicht von niedrigen Energiepreisen und stagnierenden Medianlöhnen.“

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