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Fabian Fritzsche: Präsident Trump – und nun?

18. November 2016

Vor zwei Monaten schrieb ich an dieser Stelle, dass eine Präsidentschaft Trumps eine Gefahr für die Weltwirtschaft darstellen könnte, ging zu dem Zeitpunkt aber noch davon aus, dass diese Szenario nicht eintreten wird. Seit Mittwochmorgen MEZ wissen wir es besser, die Unsicherheit aber bleibt weiter hoch. Nachdem unmittelbar nach dem Wahlsieg einige Wahlkampfforderungen von Trumps Homepage kommentarlos entfernt wurden, gilt das Prinzip Hoffnung:

Auch andere Wahlversprechen werden möglicherweise einfach fallen gelassen. Es zeichnen sich allerdings durchaus einige Konturen des künftigen wirtschaftspolitischen Kurses ab, zumal die Republikaner auch ihre Kongressmehrheit verteidigen konnten.

Zu den Kernversprechen gehören sicherlich umfassende Steuersenkungen sowie ein großes Infrastrukturprogramm. Ersteres gehört ohnehin zu den Dauerwünschen der republikanischen Partei und auf einer Rede in Detroit im August hat Trump letztlich die bereits vorhandenen Steuerpläne der Partei übernommen. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse dürfte solch eine Reform daher zügig zur Abstimmung stehen. Mit dem noch in der Wahlnacht erneut angekündigten Infrastrukturprogramm wird sich der Kongress voraussichtlich deutlich schwerer tun, doch wird die Partei ihren frisch gewählten Präsidenten kaum direkt bloßstellen und solange trotz Mehrausgaben die Steuern sinken, wird eine Mehrheit der Abgeordneten wohl zustimmen.

Damit ist eines der grundlegenden Probleme des Programms bereits skizziert:: Die Einnahmen sollen sinken, während die Ausgaben steigen sollen. Das muss nicht per se eine schlechte Idee sein. Die kurzfristig dadurch sicherlich höhere Staatsschuldenquote könnte mittelfristig über ein höheres Wachstum und damit steigende Steuereinnahmen sogar sinken. Es ist jedoch fraglich, ob es sinnvoll ist, solche Maßnahmen im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld umzusetzen. Der Investitionsstau bei der Infrastruktur sowie die niedrigen Zinsen sind sicherlich ein Argument für solche Maßnahmen. Die US-Wirtschaft operiert allerdings derzeit nahe der Vollbeschäftigung, die Zahl der in der Bauwirtschaft Beschäftigten so hoch wie 2003 bevor die Immobilienblase begann. Ein Nachfrageschub würde wohl in erster Linie zu steigenden Preisen führen. Bei den Steuersenkungen zeigt die Erfahrung aus der Vergangenheit, dass der Effekt auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und damit das BIP-Wachstum oft begrenzt ist. Im schlechtesten Fall sinken einfach nur die Steuereinnahmen, ohne einen messbaren Einfluss auf die Konjunktur zu haben. Sollten die Steuersenkungen jedoch zu mehr Nachfrage führen, gilt das gleiche wie bei den Infrastrukturmaßnahmen: Bei annähernd Vollbeschäftigung führt zusätzliche Nachfrage in erster Linie zu steigenden Preisen.

Sollten beide Programme kurzfristig nach der Amtseinführung Anfang 2017 umgesetzt werden, muss daher mit einer deutlich ansteigenden Inflation gerechnet werden, was die Fed dann veranlassen dürfte, die Zinsen zügiger als bislang erwartet, anzuheben. Die Zinserhöhungen würden den durch Staatsausgaben und Steuersenkungen angefeuerten Aufschwung abbremsen und zudem eine noch stärkere Aufwertung des US-Dollars begünstigen, was sich ebenfalls negativ auf die Konjunktur auswirken würde. Übrig blieben am Ende sehr teure Maßnahmen mit wenig realwirtschaftlichen Auswirkungen, aber mehr Staatsschulden. Selbst ohne die angekündigten protektionistischen Maßnahmen wären das auch schlechte Nachrichten für die Haupthandelspartner der USA.

So sinnvoll eine umfassende Modernisierung der Infrastruktur in den USA ist, der aktuelle Zeitpunkt ist dafür denkbar schlecht. Wenn Trump gut beraten ist, bereitet er ein solches Programm vor, lässt es soweit möglich absegnen, startet es aber erst, wenn der nunmehr sieben Jahre andauernde Aufschwung zu Ende geht und verlängert ihn so um mehrere Jahre. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

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