Thomas Fricke: Donald Trump und der Freihandel – Globalisierung kann tödlich sein
Wenn es etwas gibt, was uns seit der Wahl Donald Trumps in wirtschaftliche Abgründe zu treiben droht, dann sind es die Handelskonflikte, die der neue US-Präsident mit viel Poltern und Provokationen gegen Chinesen und andere riskiert. Eskalationsgefahr. Grob fahrlässig.
In Deutschland ist das umgekehrt, da mag es im Außenhandel zumindest per Saldo mehr Gewinner geben. Nur gibt es die Entlassenen auch hier. Und so ein Exportüberschuss funktioniert auch nur solange, wie andere bereit sind, so viel mehr deutsche Waren (auf Pump) zu kaufen, als eigene Waren in Deutschland zu verkaufen. Anders gesagt: wir exportieren das Problem in andere Länder.
Laut dem renommierten Harvard-Professor Dani Rodrick haben Ökonomen viel zu lange die Mär verbreitet, dass Handel immer gut sei – und die teils dramatischen Nebeneffekte beschönigt. Die US-Wirtschaft habe schon seit den Neunzigerjahren wahrscheinlich kaum noch von zusätzlichem Handel profitiert, dafür aber viel Importkonkurrenz zu spüren bekommen. Dass die meisten Ökonomen die Globalisierung trotzdem glorifizierten, habe sie ihre Glaubwürdigkeit gekostet, so Rodrick. Da wäre es ehrlicher gewesen einzuräumen, dass der zunehmende Freihandel stark (wenn auch nicht alleine) zur Ungleichheit im Land beigetragen habe.
Eine radikal neue Art kontrollierter Globalisierung
Ist es für diese Erkenntnis zu spät? Mittlerweile schlägt zurück, dass jeder Wald-Lobbyist oder Wies’n-Professor in den vergangenen Jahrzehnten irgendwann die Globalisierung als Allzweckmittel genutzt hat, um Druck auf Menschen auszuüben, damit sie auf Lohn, feste Arbeitszeiten oder Kündigungsschutz verzichten. Oder die Agenda 2010 demütig mitmachen. Sie erinnern sich: Sonst kommt ja der Chinese, der alles viel bereitwilliger und billiger macht.
Jetzt hat ein Populist wie Donald Trump den Unmut kanalisiert – und droht mit seiner Poltermethode mehr Schaden anzurichten als wirklich zu helfen. Mit allen Risiken, die das birgt: bis hin zu einem Kollaps der Weltwirtschaft, ähnlich wie dem in den Dreißigerjahren, als irgendwann eine Spirale aus Strafzöllen und Vergeltung einsetzte.
Da hilft auch kein Freihandelsgebet. Besser wäre es, die Folgen von Handelsabkommen künftig viel stärker zu antizipieren – und aufzufangen; oder die vermeintliche Freiheit im Zweifel gleich in Maßen zu begrenzen. Es gehe nicht an, so US-Ökonom Rodrick, dass sich Länder Wettbewerbsvorteile verschafften, indem sie Arbeitsschutzrechte verletzen. Und es ist nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre auch nicht verantwortbar, das Dogma vom Freihandel zu predigen, wenn absehbar ist, dass durch Grenzöffnungen ganze Regionen und Industrien in tiefe Krisen stürzen – zumindest nicht, ohne dafür zu sorgen, dass die Folgen abgefangen werden und es neue Jobs gibt.
Was wir brauchen, ist wahrscheinlich eine radikal neue Art kontrollierter Globalisierung – keine Drohgebärden oder blinde Freihandelsgelöbnisse.
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Die neue Kolumne „Die Rechnung, bitte!“ erscheint seit dem 15. April 2016 im wöchentlichen Rhythmus auf Spiegel Online (SPON).
Wozu brauchen wir die Globalisierung (incl. Freihandel), wenn sie doch nur den Eliten zu Gute kommt? Und zu sagen, dass Trump Recht hat und ihn gleichzeitig als Populisten zu bezeichnen, ist schwerer Tobak.
Handel (insb. Export Import) sollte sich auf das beschränken, was wirklich notwendig ist. Afrika braucht kein deutsches Hühnerfleisch, das ist nur ein Beispiel von vielen Tausenden.
Es wird schwer, die Fehlentwicklungen zurückzuschrauben, aber es ist überlebensnotwendig für ganz viele. Und irgendwer muss damit anfangen.