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Fabian Fritzsche: Trump ist kein Keynesianer

20. Dezember 2016

Obwohl Trump eher als Rechts- denn als Linkspopulist tituliert wird, bezeichnen sich durchaus viele seiner Fans selbst als eher links und auch seine Hauptwählerklientel entspricht traditionell eher der Wählerschaft linker Parteien. Nicht erst seit seinem Wahlsieg sind Herrscharen von Journalisten, Soziologen und Politologen damit beschäftigt, nach den Gründen für diese Zustimmung auf tatsächlich oder zumindest traditionell linker Seite zu suchen. Hauptansatzpunkt ist dabei offenbar die Überzeugung, es gäbe in der Anhängerschaft von Populisten wie Trump ein Gefühl des Abgehängtseins, einen Frust, nicht positiv an Veränderungen der letzten Jahre oder gar Jahrzehnte partizipiert zu haben.

Dabei handelt es sich letztlich um einen negativen Erklärungsansatz. Trump & Co. werden nicht gewählt, weil ihr Programm wirklich dem Wunsch der Menschen entspricht, sondern aus Unzufriedenheit über den Status Quo und die bisherigen Parteien und Politiker.

Es gibt allerdings auch einen positiven Erklärungsansatz für den Erfolg Trumps, der vor allem auf dem mutmaßlichen wirtschaftspolitischen Programm Trumps beruht. Die Beobachter sind sich weitestgehend einig, dass Trump die Steuern senken und mehr Geld für Infrastruktur ausgeben will. Beides führt – gerade in Kombination – zu mehr Staatsschulden, was schließlich genau das wäre, was keynesianische und damit linke Ökonomen angeblich seit jeher fordern. Ein schönes Beispiel für diese Argumentation liefert Nikolaus Piper in der SZ: „Und jetzt kommt Trump daher, und macht genau das, was Krugman vor knapp acht Jahren forderte: Geld ausgeben und Schulden aufnehmen, was das Zeug hält.“ Wenn also heute in den USA umgesetzt wird, was ein keynesianischer Ökonom vor acht Jahren gefordert hat, wäre das auch heute Keynesianismus.

Fraglich ist jedoch grundsätzlich, ob Trump wirklich das macht, was linke Ökonomen vor Jahren gefordert haben und zudem stellt sich die Frage, ob nicht auch die gesamtwirtschaftliche Situation möglicherweise relevant für die Beurteilung der Wirtschaftspolitik ist. Nikolaus Piper und andere verkürzen Keynesianismus offenbar aufs Schuldenmachen. Steigen die Staatsschulden, wird eine keynesianische und damit linke Politik betrieben. Gemäß dieser Logik wären allerdings Ronald Reagan und Helmut Kohl zumindest wirtschaftspolitisch links gewesen. So simpel kann es also nicht sein.

Ein Staatsausgabenprogramm für Infrastruktur zur Ankurbelung der Wirtschaft könnte durchaus keynesianische Fiskalpolitik sein. Bei einer Arbeitslosenquote unter 5%, klar steigenden Reallöhnen, und einer Kerninflation über 2% empfiehlt allerdings keine ökonomische Denkrichtung  massive Ausgabenprogramme. Es ist richtig, dass Krugman das vor acht Jahren gefordert hat, damals lag die Arbeitslosenquote aber auch noch doppelt so hoch wie jetzt und die US-Wirtschaft befand sich in der tiefsten Rezession seit 1929/32. Von keynesianischer Politik könnte hier also nicht die Rede sein – könnte, weil gar nicht klar ist, ob für die angedachten Infrastrukturmaß0nahmen überhaupt staatliches Geld verwendet werden soll. Tatsächlich sieht der Plan eher vor, privates Kapital für Infrastrukturinvestitionen zu inzentiveren. Die dafür angedachten Steuererleichterungen würden letztlich ähnlich wirken wie direkte staatliche Investitionen, es ist aber zweifelhaft ob dadurch privates Kapital in der gewünschten Größenordnung etwa für die Erneuerung von Abwasserleitungen, die Sanierung von Schulen oder die Stabilität des Stromnetzes bereitgestellt wird. Wahrscheinlich wird es also  kein großes Infrastrukturprogramm geben und dieses kleine Programm lässt sich kaum als keynesianische oder linke Politik deuten.

Bei der angedachten Steuerreform ist die Situation ähnlich. Wie diese am Ende aussehen wird, ist derzeit noch unklar. Werden am Ende aber vor allem die Top-Einkommen entlastet, wird die Steuerreform zwar zu weniger Steuereinnahmen und damit mehr Schulden führen, aber dann kann das kaum als linke Politik gedeutet werden.

Es fällt damit insgesamt schwer, in der möglichen wirtschaftspolitischen Ausrichtung der künftigen Regierung ein linkes Gedankengut zu erkennen, über das sich dann die hohe Zustimmung unter traditionell linken Wählern erklären ließe.

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