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Thomas Fricke: Deal für Deutschland – Lasst Trump unsere Straßen bauen

17. März 2017

Die Kanzlerin sollte Donald Trump bei ihrem Besuch im Weißen Haus einen Milliardenpakt vorschlagen: Deutschland kurbelt endlich die Konjunktur an – und er kriegt die Aufträge dafür. Eine Win-win-Situation.

Erst kommt dieser Richter aus Hawaii und nörgelt am Muslim-Bann. Und jetzt kommt auch noch Angela Merkel zu Besuch. Es gab mit Sicherheit schon freudigere Wochen im Leben von Donald Trump. Dabei gäbe es etwas, womit die Kanzlerin den US-Präsidenten sofort aufheitern – und dem Rest der Welt zugleich viel Ärger ersparen könnte. Einen Deal!

Angela Merkel müsste einfach zugestehen, dass wir unsere Konjunktur nochmals ankurbeln, einige Milliarden mehr in die Infrastruktur stecken und so dann auch mehr importieren – und Trump einen Teil der Bauaufträge anbieten, da können wir ohnehin gerade Unterstützung brauchen. Und sicher gibt es für uns dann auch einen Freundschaftspreis. Strike! Womit der Mann dann erst einmal beschäftigt wäre. Und die ganze Welt etwas davon hätte. Win-win-win-Situation.

Im Ernst. Es wird die Stimmung ja nicht besser machen, wenn Frau Merkel ins Weiße Haus geht und die Kritik an unseren Exportüberschüssen wieder damit beantwortet, dass deutsche Firmen nun einmal, nänänä, wettbewerbsfähiger sind. Der Mann ist ohnehin gereizt. Und es ist, was noch wichtiger ist, auch nur ein kleinerer Teil der Wahrheit, also ein bisschen falsch.

Würde ein hoher deutscher Export-Import-Überschuss mit einem Land per se Wettbewerbsfähigkeit belegen, gäbe es auf der Welt nicht viele, die wettbewerbsfähig sind. Was dann doch relativ erstaunlich wäre. Nach den gerade veröffentlichten Jahresdaten haben wir 2016 ja nicht nur sage und schreibe 85 Prozent mehr in die USA verkauft, als wir dort bestellten – knapp 50 Milliarden in Euro – sondern auch eineinhalb Mal mehr in Großbritannien. Obwohl die Briten ihr Pfund zwischendurch haben abstürzen lassen, um viel günstiger zu werden.

Deutschland exportiert 74 Prozent mehr nach Schweden, als es von da oben kauft, und 55 Prozent mehr nach Österreich (wissen die das?), knapp 130 Prozent mehr nach Kanada und vier Mal so viel nach Hong Kong wie die zu uns.

Es gibt eigentlich nur relativ wenige Länder, wo das umgekehrt ist. China, klar. Oder Norwegen, das uns einfach sehr viel Öl und Erdgas verkauft. Am schlechtesten sieht unsere Bilanz, relativ betrachtet, noch mit den Kokosinseln aus. Dahin haben wir, wenn sich keiner verrechnet hat, 2016 Waren für 2000 Euro verkauft. Wohingegen die bei uns zwanzig Mal so viel Absatz gemacht haben. Vermutlich überwiegend Kokosware. Ein relativ starkes deutsches Defizit. Da würden wir ja jetzt auch nicht sagen, dass die Kokosinseln so viel wettbewerbsfähiger sind als wir.

All das zeigt, dass Handelssalden von vielen Dingen abhängen: auch etwa davon, ob bei uns die Binnenkonjunktur brummt. Wer wenig ausgibt, importiert auch wenig – und hat dann tendenziell ziemlich hohe Außenüberschüsse.

Deutschland soll mehr in die öffentliche Infrastruktur investieren

Zu dem Ergebnis kommen in ihrer jüngsten Tiefenanalyse auch die Experten der EU-Kommission. Danach spiegelt der deutsche Plussaldo zwar zu einem Teil, dass wir eine „sehr wettbewerbsfähige Industrie“ haben. Der größere Teil liege aber eher daran, dass bei uns zu wenig investiert und nicht genug gekauft werde. Daher müsse Deutschland zum Beispiel mehr in die öffentliche Infrastruktur investieren, was ja eigentlich auch so versprochen war.

Unser Finanzminister sagt an der Stelle immer gern, dass wir ja leider nicht mehr tun können. Weil die Gelder schon jetzt von den betreffenden Behörden nicht abgerufen würden. Was wiederum nach Analyse von Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) auch damit zu tun hat, dass viele Ämter überfordert sind, zu wenig Personal haben – und die ausführenden Betriebe gerade sehr viel zu tun haben.

Tja. Sagt dann der Herr Schäuble.

Womit wir wieder bei Frau Merkel und Herrn Trump sind. Klar: Da braucht man Hilfe von jemandem, der wirklich was von großen Bauprojekten versteht, sich zumindest schon eine ganze Reihe von Jahren damit befasst – und auch schon das eine oder andere Prachtstück hingestellt hat. Donald. Wer sonst?

Spätestens an der Stelle wird Trump Hawaii vergessen, innerlich aufblühen und zum Handschlag ansetzen. Nach Berechnungen der EU-Kommission würde ein Anstieg der öffentlichen Investitionen um etwa die Hälfte über zehn Jahre nicht nur den Deutschen ziemlich gut tun und das Wachstum beschleunigen. Die höhere Importnachfrage würde auch die Wirtschaftsleistung in Lieferländern wie den Niederlanden, Frankreich, Spanien und Italien steigern – um immerhin 0,4 Prozent. Und den deutschen Überschuss verringern – ohne dass wir auf Export verzichten müssten. Da wird sicher auch etwas für die US-Amerikaner abfallen. Könnte Frau Merkel sagen.

Das wäre für Donald Trump, wer weiß, vielleicht so attraktiv, dass er den Job als US-Präsident womöglich bald abgeben würde. Ist sowieso ziemlich anstrengend. Wovon wiederum die ganze Welt etwas hätte. Während wir Deutschen günstig eine erneuerte Infrastruktur bekämen und die anderen sich nicht mehr so viel über unsere Überschüsse beschweren könnten. Könnte halt sein, dass wir dann auf unseren Autobahnen die eine oder andere goldene Leitplanke kriegen und das eine oder andere neue Schulgebäude Trump-School-Tower heißt. Sowas kann man später ja wieder abschrauben.

Und man muss ja auch nicht alles beim ersten Mal schon so genau besprechen.

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Die neue Kolumne „Die Rechnung, bitte!“ erscheint seit dem 15. April 2016 im wöchentlichen Rhythmus auf Spiegel Online (SPON).

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