Wirtschaftsdienst exklusiv: Globalisierungsverlierer kompensieren – aber wie?
Mittlerweile besteht ein Grundkonsens darüber, dass Verlierer der Globalisierung kompensiert werden müssen. Der Internationale Währungsfonds (IWF), die Weltbank und die Welthandelsorganisation (WTO) sehen die Lösung für diese Aufgabe aber nicht in einer progressiveren Besteuerung der Einkommen, sondern in Programmen, die Betroffene dabei unterstützen, durch Umschulung schnell neue Jobs in zukunftsträchtigeren Wirtschaftsbereichen zu finden. Regionale Arbeitsmarktunterschiede werden dabei aber oft übersehen. Jens Südekum, Professor am Düsseldorfer Wettbewerbsinstitut DICE, fordert daher, die aktive Arbeitsmarktpolitik um gezielte Regionalpolitik zu ergänzen.
Dass Globalisierungsverlierer zu kompensieren sind, lässt sich wohlfahrtsökonomisch stringent ableiten und ist auch integraler Bestandteil der neoklassischen Außenhandelstheorie. Wie soll dies aber geschehen? Dabei sind zunächst zwei Hinweise zu beachten: Zum einen lassen sich Globalisierungsverlierer schwer individuell identifizieren, zum anderen sollte das genutzte Instrument möglichst wenig verzerrend wirken. Einfach wäre es, den Progressionsgrad bei der Einkommensteuer zu erhöhen. Dann müssten diejenigen abgeben, die am ehesten von der Globalisierung profitieren. Allerdings muss in diesem Falle mit Effizienzverlusten gerechnet werden. Der zu verteilende Kuchen würde kleiner. Das Trade Adjustment Assistance-Programm von IWF, Weltbank und WTO sieht vor, Arbeitslose durch Umschulungen für Jobs in zukunftsträchtigeren Wirtschaftsbereichen fit zu machen. Südekum fast die Vorgehensweise kurz zusammen: „Allgemeiner kann man die Politikempfehlung der Institutionen so interpretieren, dass die Globalisierungsverlierer lieber mit Jobs als mit Geld kompensiert werden sollten.“
Es wäre aber zu einfach, das Problem der „Abgehängten“ allein der Globalisierung zuzuschreiben, auch die Digitalisierung führt zu Arbeitsplatzverlusten, die sich zudem lokal konzentrieren – und dies vor allem in Regionen, in denen sich die Bevölkerung leicht für populistische Parolen gewinnen lässt. Hier könnte die Regionalpolitik Abhilfe schaffen. Allerdings gilt die Regionalpolitik aus ordnungspolitischen Gründen als verfehlte Wirtschaftspolitik, da im Idealfall bei vollkommener Mobilität die Preise (Wohnen, Arbeit etc.) für eine Angleichung der Lebensverhältnisse sorgen und Regionalpolitik damit überflüssig ist. Tatsächlich sind aber vor allem die Globalisierungsverlierer weitgehend immobil. Welche regionalpolitischen Maßnahmen wären aber sinnvoll? Südekum schlägt folgende vor: „Das Spektrum reicht von direkten Subventionen an Firmen über prioritären Infrastrukturausbau, Bildungssubventionen, die Förderung industrieller Cluster, die gezielte Ansiedlung von Behörden oder (Fach-)Hochschulen, die Verschönerung von Wohnquartieren, die Schaffung von Freizeitangeboten, die Verbesserung „weicher Standortfaktoren“ und vieles mehr.“