David Milleker: Irrungen und Wirrungen in Washington
Ende September stehen in den USA zwei wichtige Entscheidungen an. Erstens endet dann das US-Haushaltsjahr, so dass ein neuer Haushalt verabschiedet werden muss. Zweitens ist seit März 2017 die sogenannte Schuldenobergrenze bindend. Der Staat muss also mit seinen laufenden Einnahmen auskommen. Eigentlich sollte beides bei einer Alleinregierung der Republikaner kein großes Problem darstellen. Das wird nun allerdings durch das Beharren des Präsidenten auf der Bereitstellung von Finanzmitteln für den Bau einer Grenzmauer zu Mexiko verkompliziert. Er erwägt sogar, dafür eine neuerliche Schließung der Bundesbehörden (Government Shutdown) in Kauf zu nehmen.
Zunächst einmal ein paar Anmerkungen zum Umgang mit Budget und Staatsschulden in den USA. Es ist durchaus nicht unüblich, dass das Budget für ein laufendes Haushaltsjahr nicht fristgerecht fertig wird. Man behilft sich hier regelmäßig mit der Übergangslösung, den laufenden Haushalt einfach fortzuschreiben (Continuing Resolution), bis ein finales Budget verabschiedet werden kann. Darüber hinaus gibt es seit 1917 eine Schuldenobergrenze. Inhaltlich macht es eigentlich wenig Sinn, einerseits ein Budget mit geplanten Einnahmen und Ausgaben zu verabschieden und separat noch einmal darüber zu verhandeln, ob die daraus resultierenden Verschuldungskonsequenzen auch sinnvoll sind. Institutionell kann man dies aber dadurch rechtfertigen, dass Kongress und Administration zweimal zum Nachdenken gezwungen werden.
Sowohl im Zuge eines nicht-verabschiedeten Haushalts wie auch über die Schuldenobergrenze kann es zu einer kurzfristigen Schließung der Bundesbehörden kommen. In der Tat kommt dies häufiger vor – zuletzt 2013 unter Präsident Obama. In fast allen Fällen, weil sich beide Kongresskammern nicht einigen können und abweichende Mehrheitsverhältnisse in den Kammern dominieren.
Die heutige Situation weicht davon grundlegend ab, weil eigentlich die parlamentarischen Mehrheiten für einen neuen Haushalt und auch für die Anhebung der Schuldenobergrenze problemlos vorhanden sind. Die Konfliktlinie liegt zwischen einer Administration, die unbedingt Haushaltsmittel für eine Grenzmauer haben will, und einem Kongress, der auch mit republikanischer Mehrheit in beiden Kammern keine Mehrheiten für ein solches Projekt aufweist.
Theoretisch ist durchaus vorstellbar, dass der Präsident einen verabschiedeten Haushalt des Kongresses durch ein Veto blockiert und damit selbst eine Regierungsschließung auslöst. Dieses Veto könnte dann mit Zweidrittelmehrheit im Kongress überstimmt werden, was allerdings Stimmen der Demokraten notwendig macht. Ähnliches ist 1976 schon einmal unter dem republikanischen Präsidenten Gerald Ford mit einer Parlamentsmehrheit der Demokraten passiert.
Sollte es tatsächlich in der „Mauer-Frage“ zu einem Showdown zwischen Präsident Trump und einem von den Republikanern dominierten Kongress kommen, hätte das eine neue Dimension. Der Spieleinsatz wäre dann zu hoch, als dass man sich entspannt vor dem Fernseher zurücklehnen könnte.