David Milleker: Chinesisch-amerikanischer Handelskonflikt: Ein Blick auf den möglichen Kollateralschaden
Die handelspolitischen Maßnahmen der US-Administration haben seit letzten Monat eine klare Stoßrichtung vorgegeben: Sie wenden sich gegen China. Das gilt sowohl für die Ankündigung expliziter Sanktionen wegen des Umgangs der Chinesen mit geistigem Eigentum als auch für die Stahl- und Aluminiumzölle, von denen (erst einmal) ein sehr weitreichender Länderkreis ausgenommen wurde – China jedoch nicht.
Der weitere Fortgang des Konflikts ist aus heutiger Sicht weitgehend offen. Einmal kann es natürlich zu einer Verhandlungslösung kommen. Etwa dadurch, dass China einer selektiven Marktöffnung für US-Unternehmen zustimmt oder etwa in Richtung freiwilliger Exportselbstbeschränkungen geht und im Gegenzug auf Strafzölle verzichtet wird. Denkbar ist aber auch, dass es zu einer weiteren Konfrontation kommt. Hierfür stehen China neben eigenen handelspolitischen Maßnahmen etwa auch das Umsteuern öffentlicher Aufträge, etwa bei Flugzeugen oder wie häufiger schon angewendet die Einleitung von steuer- oder kartellrechtlichen „Prüfungen“ gegen Unternehmen mit US-Beteiligung, zur Verfügung.
Werfen wir an dieser Stelle aber primär einen Blick auf die Wirkung auf Drittstaaten. Dies ist besonders relevant, weil China sehr stark in internationale Vorleistungsketten eingebunden ist. Einige Zahlen illustrieren dies deutlich: Insgesamt erwirtschaftete China 2017 einen Handelsüberschuss von 422 Mrd. US-Dollar. Dieser setzt sich zusammen aus einem Überschuss von rund 900 Mrd. US-Dollar bei verarbeiteten Gütern und einem Defizit von gut 500 Mrd. US-Dollar bei Primärgütern. Allein dies deutet schon darauf hin, dass China in der Produktionskette auf die Weiterverarbeitung spezialisiert ist. Das Bild wird noch komplexer, wenn man das bilaterale Handelsdefizit der USA mit China von 375 Mrd. US-Dollar im Jahr 2017 danach aufschlüsselt, wo die Wertschöpfung dafür erbracht wird. Diese Unterscheidung ist ökonomisch durchaus wichtig. Waren mögen zwar aus einem bestimmten Land in ein anderes ausgeführt werden. Bedeutsam für die Volkswirtschaft ist aber vor allem, ob die Güter dort auch wirklich produziert oder von dort eigentlich nur weiterverarbeitet worden sind.
Hierbei hilft die Trade-in-value-added Datenbasis (Handel in Wertschöpfungseinheiten) der OECD. Daraus ergibt sich das Bild, dass nur rund die Hälfte der Wertschöpfung aus chinesischen Exporten in die USA wirklich dort erbracht worden ist. Eine Volkswirtschaft wie Taiwan wäre von einem Rückgang der chinesischen Warenexporte in die USA besonders stark betroffen. Rund 1,5% der dortigen Wirtschaftsleistung gehen indirekt über Vorleistungsbeziehungen in die USA. Südkorea liegt bei rund 0,9%, Hong Kong bei 0,7%. Für Japan liegt die Quote dagegen bei bescheidenen 0,2%. Die am stärksten betroffenen Staaten außerhalb Asiens sind Chile mit 0,6% sowie Südafrika und Costa Rica mit je 0,2%.
Bei all dem und der hohen öffentlichen Wahrnehmung des Themas ist aber zu berücksichtigen, dass ökonomisch betrachtet die bislang im Raum stehenden Maßnahmen kaum ins Gewicht fallen. Wir reden über einen mit Zöllen belegten Warenwert der chinesischen Wirtschaft von 0,1% oder der US-Wirtschaft von 0,03%.
Vom Risiko eines zusammenbrechenden Welthandels sind wir noch ein sehr großes Stück weit entfernt. Was die obigen Zahlen allerdings zeigen: Selbst bei konzentrierten Maßnahmen allein gegen China ziehen die wirtschaftlichen Konsequenzen weite Kreise – und können möglicherweise durchaus für Kollateralschäden sorgen.