Wirtschaftsdienst exklusiv – Ein Grundeinkommen für Kinder
Familien mit Kindern und vor allem Alleinerziehende sind in Deutschland zunehmend von Armut bedroht. Insbesondere bei kleinen und mittleren Einkommen erscheint die Gestaltung des Transfersystems zudem nicht unproblematisch, weil dort zusätzliche Anstrengungen, Einkommen zu erzielen teilweise mit Transferentzug bestraft werden. Um dieses Dilemma aufzulösen, schlägt Christian Breuer, Steuerexperte und Junior-Professor an der an der Technischen Universität Chemnitz, in der Juli-Ausgabe des Wirtschaftsdienst ein Grundeinkommen für Kinder von 400 Euro pro Monat vor.
Trotz exzellenter Haushaltslage in Deutschland geht es Familien mit Kindern nicht gut: Die Armutsrisikoquote liegt hoch. Alleinerziehende mit zwei Kindern sind zu 54% von Armut bedroht, 38% der Alleinerziehenden mit Kindern unter 18 Jahren sind von Leistungen des SGB II, der Grundsicherung für Arbeitsuchende, abhängig. Für diese Personengruppe sieht es auch in Zukunft nicht gut aus, denn die Chancen für die Kinder aus diesen Familien, einmal in einen höheren sozialen Status aufzusteigen sind in Deutschland besonders schlecht. Christian Breuer schreibt. „Laut aktuellen Zahlen der OECD ist Deutschland das Land mit der niedrigsten sozialen Mobilität Westeuropas, …“
Diese Problematik hat die neue Bundesregierung grundsätzlich erkannt und plant im Koalitionsvertrag, das Kindergeld und den Kinderzuschlag zu erhöhen und ein Baukindergeld einzuführen. Die geplanten Erhöhungen reichen nur bei sehr niedrigen Einkommen aus, das ebenfalls festgeschriebene Existenzminimum von Kindern in Höhe von 400 Euro zu erreichen. Ab einem Bruttoeinkommen von 1900 Euro fallen die Transferleistungen für Alleinerziehende deutlich ab. In diesem Bereich ist die steuerliche Grenzbelastung ausgesprochen hoch. Die Leistungsempfänger haben keinen Anreiz, Arbeit aufzunehmen, da sich dadurch ihre Transferleistungen verringern können.
Ein weiteres Problem des derzeitigen Systems ist die Vielfalt der gesetzlichen Begründungen für einzelne Leistungen: Neben dem Sozialgesetzbuch ergeben sich Ansprüche aus dem Bundeskindergeldgesetz, dem Einkommensteuergesetz, dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz. Die Gewährung der daraus entstehenden Leistungen ist mit hohem bürokratischem Aufwand verbunden. Christian Breuer möchte die verschiedenen Ansprüche wie den Kinderzuschlag, den Kinderfreibetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende sowie das Baukindergeld etc. abschaffen (bzw. gar nicht erst einführen), und mit einem deutlich höheren Kindergeld verrechnen. Die Leistungen aus dem Wohngeld sollten aber bestehen bleiben.
Wie bei allen Grundeinkommensprojekten stellt sich auch hier die Frage: Was kostet das und wie kann es finanziert werden? Tatsächlich ist ein solches Projekt teuer: Es käme zu zusätzlichen Bruttokosten von 21 Mrd. Euro (2019) bis 41,5 Mrd. Euro (2020). Ein Teil dieser Kosten können nach Auffassung von Breuer durch eine Selbstfinanzierung aufgrund makroökonomischer Rückwirkungen aufgebracht werden. Für den Rest könnten Einsparungen durch die Zusammenlegung von Leistungen, die Abschaffung des Ehegattensplittings und die Einführung einer Individualbesteuerung und den Verzicht auf Steuersenkungen für Spitzenverdiener genutzt werden.