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Thomas Fricke: Wirtschaft der Zehnerjahre – Das Märchen vom goldenen deutschen Jahrzehnt

18. Januar 2020

Die vergangenen Jahre werden als zweites deutsches Wirtschaftswunder in die Geschichte eingehen, orakeln Hobby-Historiker. Eine ziemlich gefährliche Fehleinschätzung.

Es gibt Zeitgenossen, die bereits kurz nachdem sich Ereignisse ereignet haben, diese für historisch befinden – noch bevor der Historiker die Sache überhaupt auf den Tisch bekommen hat. Totaler Wahnsinn.

Wie derzeit in Deutschland, wo zu lesen ist, wir hätten gerade eine „goldene Dekade“ hinter uns – wo die doch gerade erst ein paar Tage vorbei ist. Historiker würden, orakelt gar der eherne Rentenexperte Bert Rürup, das Jahrzehnt einmal als zweites deutsches Wirtschaftswunder einstufen. Mehr geht nicht. Da kann der Historiker gleich in Vorruhestand gehen. Ende der Geschichte.

Oder doch nicht? Wie heikel so eine vorgezogene Geschichtsschreibung sein kann, könnte sich im Rückblick auf das Schwärmen vom deutschen Boom der vergangenen Jahre bald schon zeigen. Wobei diese Vermutung schon jetzt nahe liegt, wo seit dieser Woche erstmals die gesamten amtlichen Daten zur Wirtschaftsentwicklung Deutschlands in der Gesamtdekade vorliegen.

Keine goldene Zeit

Zeit für eine vorsichtige Annäherung an die wirkliche Dekadenbilanz. Gut möglich, dass künftige Geschichtslehrer das Ganze als gar nicht so goldig mehr einstufen werden. Zumindest, wenn sie die Ad-hoc-Geschichtsschreibung nicht einfach so übernehmen. Für die Politiker der kommenden Jahre könnte ein nüchternerer Blick ohnehin lohnen, um auf neue Krisen vorbereitet zu sein.

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