Thomas Fricke: Streit um Ampelressorts – Bloß kein Superklimaminister!
Die Tücke ist, dass sich so über die Jahre eine Art Blase entwickelt hat, deren Bewohner mit ihren Rufen nur schwer nach außen dringen. Weil die da draußen immer sagen können, dass sich ums Klima ja Klimagipfel respektive Umweltministerium kümmern – ohne dass Gipfel und Ministerium dafür hinreichend Kompetenzen und Geld haben. Und weil umgekehrt die Klimabewegten vor lauter verständlichem Unmut zu unterschätzen neigen, dass es doch noch andere Probleme gibt und dass es am Ende kontraproduktiv sein kann, die anderen mit allzu viel belehrendem Eifer und begrenzter Ergebnisoffenheit auf den vermeintlich rechten Weg drängen zu wollen.
Daran ändert auch die Tatsache nicht viel, dass heute fast jedes Unternehmen zeigen will, wie wichtig das Klima ist. Die Idee mit dem Superministerium könnte trotzdem nach hinten losgehen – wenn das nur von der Blase zur Superblase führt. Es könnte die eine oder andere Entscheidungskompetenz mit sich bringen, das Paralleldasein dafür aber nur noch verstärken.
So etwas könnte fürs Klima umso fataler wirken, als es zu dessen Rettung ja nicht reicht, hier und da etwa schärfere Normen für Autos vorzubereiten und strenge Umweltstandards zu setzen. Wenn die Umstellung auf eine klimaneutrale Wirtschaft klappen soll, wird mindestens so wichtig sein:
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die Investitionen der Wirtschaft insgesamt stärker auf die Vermeidung von CO₂ zu lenken – und dafür viel mehr Anreize zu setzen;
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zu prüfen, ob es wirklich Sinn ergibt, die Umstellung durch das Leidprinzip steigender Preise für CO₂ erzwingen zu wollen – wenn dafür im Land der Inflationsneurotiker die Akzeptanz fehlt;
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stattdessen eher CO₂-arme Ausgaben zu subventionieren und für spürbaren Ausgleich zu sorgen – ob für Verbraucher oder für die Industrie;
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ziemlich schnell auch Konzepte dafür zu entwickeln, wie Regionen auf neue Industrien umschalten können, die derzeit überdurchschnittlich stark etwa von der alten Autoindustrie und deren Zulieferern abhängen – und in denen in ein paar Jahren absehbare wirtschaftliche und soziale Dramen drohen;
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bei der nächsten Finanz- oder anderen Crash-Krise darauf zu achten, dass das Geld, das dann zur Stabilisierung ausgegeben wird, auch dem Klima nutzt;
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daran mitzuwirken, die bisher arg plumpen Euro-Schuldenregeln an die Zeit anzupassen – und dabei, wie von den vernünftigeren Franzosen und Italienern vorgeschlagen, alle Ausgaben aus der Verbotszone zu nehmen, die zur Rettung des Klimas offensichtlich wichtig sind, gerade weil sie ja gut für künftige Generationen sind;
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und dafür zu sorgen, dass auch die Finanzwelt insgesamt auf Grün schaltet – und dass dabei im Zweifel auch eine Institution wie die Europäische Zentralbank stärker mitwirkt, die monatlich zig Milliarden Euro in die Finanzmärkte bringt.
All das entscheidet nicht der oder die, die in Deutschland das Umweltministerium leitet – das wird selbst beim schönsten Großklimaressort nicht grundlegend anders sein.