Als Annalena Baerbock diese Woche nach Russland flog, war das Geblöke aus Altherrenrunden schon vorformuliert. Was soll »das Mädchen« gegen »den bösen alten Russen« anrichten? Törö. Zumindest im Grimmig-Dreinschauen hat die Außenministerin dann aber doch gut mitgehalten. Und ernsthaftere Beobachter diagnostizierten hernach, die Ministerin könnte auch sonst größeren Eindruck hinterlassen haben als gedacht.
Gut wär’s. Nicht nur für eine Menge Menschen, die in der Ukraine leben – auch wenn hinter dem russischen Aufmarsch womöglich mehr Säbelrasseln als reale Kriegslust steckt. Sondern auch hinsichtlich einer ganz anderen Last, die hierzulande seit Monaten bei (nicht nur) alten Herren für Aufregung sorgt: die vermeintliche Rückkehr der Inflation. Sieht man genauer in Daten und Ursachen der Preisanstiege der vergangenen Monate, könnte durchaus sein, dass Annalena Baerbock in den kommenden Monaten mehr gegen steigende Preise tun kann als derzeit Christine Lagarde, die Chefin der Europäischen Zentralbank, deren Job das eigentlich ist.
Klingt abwegig? Muss nicht. Allerdings muss man dafür tatsächlich genauer hinsehen.
Um zu erkennen, ob und was sich da als tieferer Trend abzeichnet, ist wichtig, wie sich die Preise von Monat zu Monat entwickeln – nicht wie der Vergleich zum Vorjahr ausfällt, also die üblicherweise gemeldete Inflationszahl. Der Vorjahresvergleich ist derzeit bekanntlich gleich mehrfach verzerrt, weil die Preise im zweiten Halbjahr 2020 einfach wegen der gesenkten Mehrwertsteuer und coronabedingten Tiefpreise bei Rohstoffen ungewöhnlich niedrig waren (und es ohnehin nicht so bleiben konnten).