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Thomas Fricke: Neuaufstellung der CDU – Irgendwas mit Ludwig Erhard

11. Februar 2022
Es wirkt ziemlich hilflos: Welche Lehren wollen Friedrich Merz und seine Partei aus der eigenen Krise ziehen? Es bräuchte etwas wirklich Neues – und einen Abschied vom naiven Marktglauben.

Vertrauenskrise der Sozialen Marktwirtschaft

Wenn heute nur knapp über die Hälfte der Deutschen eine gute Meinung von der Sozialen Marktwirtschaft hat, ist das eher entlarvend für die, die sonntags von eben diesem Modell als das tolle deutsche Wunderrezept reden – spätestens seit die Marktschwafler den Begriff gekapert haben (ohne nur im Traum dabei an etwas besonders Soziales zu denken). Um diese Vertrauenskrise zu beheben, braucht es mehr als ein paar wohlige Worte darüber, dass es bei der Bewältigung der großen Herausforderungen auch irgendwie ein bisschen sozial zugehen muss. Wenn in Deutschland die Vermögen zwischen den Top-Klassen und der unteren Hälfte dramatisch auseinandergegangen sind, ist auch das eine Herausforderung – und um dieser zu begegnen, braucht es mehr als Appelle an die Bildung. So ein Gefälle wird nicht von allein wieder kleiner werden.

Eine weitere Herausforderung ist es, dafür zu sorgen, dass durch die absehbaren technologischen und klimapolitisch bedingten Umbrüche nicht ganze Regionen zum Sozialfall werden. Da braucht es im Zweifel ein ganz neues Verständnis von pro-aktiver Industriepolitik, damit es erst gar nicht zum Absturz kommt – auch etwas, was in den vergangenen Jahrzehnten vor lauter Marktdogma zum Tabu geworden ist.

Die nächste Krise könnte schon bald wieder durch Finanzturbulenzen entstehen – aus einer Finanzwelt, die über die Jahrzehnte viel zu sehr zu einer wankelmütigen Spekulationssphäre geworden ist, und zu wenig noch dazu dient, Geld für sinnvolle Dinge in die reale Wirtschaft zu lenken. Und die viel zu oft für sinnentleerte Euphorie und Panik sorgt – was übrigens der eigentliche Grund dafür ist, dass die Notenbanken so viel Geld pumpen müssen (das System wäre sonst längst kollabiert). Auch da hilft das konservative Merz-Lamento von den bösen Notenbankern und ihren blöden Niedrigzinsen nicht wirklich, die Ursachen zu beheben.

Ideenmäßig noch Luft nach oben

Ob Klima, Sozialgefälle oder Globalisierung: Im Grunde geht es bei allem höchst dringlich darum neu zu definieren, welche Rolle Privatwirtschaft und öffentliche Einrichtungen übernehmen müssten. Da hilft alles Gepolter nicht, wonach hinter den häufigeren Appellen an staatliches Wirken nur ein blöder Zeitgeist stecke. Dafür gibt es verdammt reale Gründe. Und da wäre es gerade für die eher konservativ gepolten Denker ziemlich dringlich, die plumpe Staat-oder-Markt-Logik zu überwinden.

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