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Posts Tagged ‘Neue Denker’

Neue Denker: Olivier Blanchard im FTD-Interview

18. Mai 2010 Kommentare aus

Zu Jahresbeginn sorgte der IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard für Wirbel, als er forderte über das gängige Inflationsziel von 2 Prozent neu nachzudenken. Er sei falsch verstanden worden, beklagte er sich nun gegenüber der FTD.

 

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Blanchard kritisierte die Medienreaktionen nach Veröffentlichung seines Grundsatzpapiers „Rethinking Macroeconomic Policy“: „Ich bin ein wenig enttäuscht, dass alles auf diese 4-Prozent-Marke verkürzt worden ist“, sagte der Franzose im FTD-Interview. „Ich habe nicht dafür geworben, dass Inflationsziel auf 4 Prozent anzuheben. Ich habe dafür geworben, über die Inflationsziele nachzudenken – und das würde ich wieder tun“, betonte Blanchard.

Vielmehr wollte der Ökonom eine Überprüfung makroökonomischer Grundsätze infolge der Krise anstoßen: „Die Volkswirte haben diese Krise nicht verursacht. Aber es gibt keinen Grund zu denken, dass wir alles richtig machen. Wir müssen neu nachdenken.“ Er forderte eine Generalüberholung: „Wir müssen uns alles neu anschauen, alle Elemente der Geld- und Fiskalpolitik – und das Inflationsziel ist eines davon.“

Mit das allerschlimmste was einer Wirtschaft passieren könne, sei, in die Liquiditätsfalle zu geraten und in einer Deflationsspirale gefangen zu sein. Das sei in der Vergangenheit vorgekommen – in Japan gebe es ähnliche Probleme seit 15 Jahren. „Was es auch kostet, müssen wir verhindern, dass es dazu kommt. Wenn man niedrige Inflationsraten hat, flirtet man mit dieser Gefahr.“

Blanchard betonte, keine Zentralbank wolle null Prozent Inflation. „Vor der Krise gab es einen Konsens, dass 2 Prozent Inflation in Ordnung sind, weil es keine großen Schocks gab und die Wahrscheinlichkeit, in die Liquiditätsfalle zu geraten, nicht sehr groß war. Aber was wir aus dieser Krise gelernt haben ist, dass es manchmal sehr große Schocks geben kann. Deshalb habe ich argumentiert, dass man sich alle Modelle und Berechnungen noch mal anschaut und schaut, ob zwei Prozent richtig sind oder mehr. Ich finde, diese Arbeit muss geleistet werden.“

Es sei möglich, das Inflationsziel zu ändern, ohne die Glaubwürdigkeit der Zentralbank einzubüßen. Allerdings schränkte Blanchard ein: „Im aktuellen Umfeld wäre ein solcher Vorstoß nicht ratsam, da er als Versuch interpretiert werden könnte, man wolle die Staatsschulden weginflationieren. Das wäre sehr schlecht und der komplett falsche Weg, Fiskalprobleme zu lösen. Aber nach einiger Zeit denke ich, dass es gemacht werden könnte, wenn es gut erklärt wird. Zum Beispiel, als die meisten Zentralbanken aufhörten, auf monetäre Aggregate abzuzielen, das war ein großer Politikwechsel und es hat die Glaubwürdigkeit nicht untergraben.“

Das Interview führte Mark Schrörs.

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Neue Denker der Ökonomie (8) – Experimente gegen die Armut

4. Mai 2010 Kommentare aus

Die Entwicklungsökonomie beschränkt sich nicht nur auf die Vergabe von Mikrokrediten. Das zeigt das Schaffen von Esther Duflo

 

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Neue Denker der Ökonomie (6) – Versicherer gegen den Systemabsturz

20. April 2010 Kommentare aus

Wenn sich die jüngste Krise zum Mega-Crash auswuchs, lag auch daran, dass niemand ahnte, wie sehr die Banken miteinander verzahnt waren. Ein Rezept dagegen hat der deutsche Princeton-Ökonom Markus Brunnermeier entwickelt  –  mit Links zu Texten zum Weiterlesen.
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Neue Denker, die neue FTD-Reihe (5) – Manchmal braucht es nur einen Stups

13. April 2010 Kommentare aus

Die Chicagoer Schule um Milton Friedman hat den Glauben an rationale Märkte gepredigt. Ausgerechnet ein Chicagoer Ökonom profiliert sich nun als ihr Widersacher: Richard Thaler orientiert sich lieber an der Realität als an idealisierten Annahmen. Und liefert Strategien, mit der Unperfektheit menschlicher Entscheidungen umzugehen Weiterlesen …

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Neue Denker in Cambridge – Lieblingsgegner IWF

12. April 2010 Kommentare aus

Für zwischenzeitliche Aufregung sorgte beim Treffen der Neuen Denker am Samstag die außerplanmäßige Intervention von (mindestens) zwei Kritikern des Internationalen Währungsfonds. Just in dem Moment, als IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn beim gediegenen Lunch ansetzte, um darzulegen, wie er zu den Inflationserwägungen „meines Freundes“ und IWF-Chefökonomen Olivier Blanchard steht, die vor ein paar Wochen für großes Aufsehen sorgten ….

 

… krachte und polterte es plötzlich hinter der Leindwand, wurden Stimmen laut, bis jemand auf der Galerie darüber auftauchte, ein Transparent herunter ließ und die versammelte Gesellschaft und den Redner anrief: „Shut the IMF!“  Was dramaturgisch an dieser Stelle der Rede auf einen militanten deutschen Stabilitätsanhänger hätte schließen lassen können, einen Vertreter der revolutionären Bundesbank-Zellen oder so. Weit gefehlt. Die beiden jungen Männer schienen ganz eindeutig nicht darüber besorgt, dass das Inflationsziel auf vier Prozent hochgehoben werden könnte, wie es DSK-Freund Blanchard erwogen hatte. Sie fanden eher, dass der IWF an sich und überhaupt das Problem sei und nicht die Lösung.

Eher cool hat darauf übrigens Strauss-Kahn reagiert. „Come in. What do you want?“, fragte er nach – was weder die Demonstranten wirklich wollten, noch das herbeigeeilte Sicherheitspersonal gut fand, das sich beim Herausbringen der Protestler noch einen blutigen Schädel holte.

Ach ja, zur Inflations-Gretchenfrage hat sich der IWF-Chef dann einigermaßen diplomatisch geäußert. Er finde schon, dass es nicht so abwegig ist, sich einmal über Inflationsziele Gedanken zu machen. Das sei aber eher akademischer Natur und keine praktische Handlungsanweisung.

Foto: Mathias

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Neue Denker in Cambridge – Warum es Zeit für Neues ist

11. April 2010 Kommentare aus

Für alle, die sich noch wundern, ob die Ökonomie wirklich einen Neustart braucht: hier ist aus Cambridge eine vorläufige Stichwortliste dessen, was an der etablierten Ökonomie der vergangenen drei Jahrzehnte gescheitert scheint und was seit Donnerstag auf der INET-Konferenz unter den großen Denkern zum Konsensbefund gehörte. Weiterlesen …

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Neue Denker in Cambridge – Sitglitz erklärt die Theorie der optimalen Währungsräume

11. April 2010 Kommentare aus

Die Deutschen und ihre Exportüberschüsse – nicht zuletzt dieses Thema bestimmte die Gespräche in den Panel-Pausen unter den Experten, die aus der ganzen Welt zur INET-Konferenz angereist waren. Sei es aus Schweden, Frankreich, England oder den USA, der Tenor der Kritik war aus allen Ecken der Welt ähnlich: Die Deutschen müssen sich solidarischer zeigen, wollen sie nicht die Zukunft des Euro aufs Spiel setzen. Weiterlesen …

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Neue Denker in Cambridge – Auf der Suche

10. April 2010 Kommentare aus

Die Wirtschaftswissenschaft ist eine Wissenschaft, die sich in Kreisen bewegt, ohne dabei zwingend vorwärts zu kommen. Mit dem eher ernüchternd klingenden Urteil beschreibt der große Keynes-Biograph Robert Skidelsky die Perspektiven für die Zunft. Alle, die hier in Cambridge sind, scheinen einig, dass die herrschende Lehre der vergangenen Jahrzehnte an der Finanzkrise gescheitert ist und einen Neuanfang braucht – selbst vermeintliche Vertreter der etablierten Lehre, die hier sind, geben sich selbstkritisch.

 

Offen ist aber noch, wohin die Reise am Ende geht – und wie das neue Paradigma aussehen könnte. Da gibt es, so Skidelskys Zwischenfazit, solche, die einfach nur das bisherige Paradigma korrigieren wollen, sozusagen marginal (auch wenn das manchmal radikaler ist als es scheint). Dazu gehörten Joseph Stiglitz und Kenneth Rogoff (dessen Beitrag zum neuen Denker in enorm umfangreichen historischen Vergleichen von Finanzkrisen liegt). Und es gibt mindestens eine weitere Gruppe, die mit einem Großteil des bisherigen Ökonomie-Verständnisses brechen wollen: mit gängigen Methoden wie der starken Mathematisierung, mit der Annahme rationalen, mit dem weitgehenden Ausschluss anderer Disziplinen wie der Soziologie oder der Psychologie und mit wichtigen Grundpositionen wie der, dass Einkommensungleichheit überhaupt positive Leistungsanreize setzt. 

fortsetzung folgt

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Neue Denker in Cambridge – Besser ohne Deutschland

9. April 2010 Kommentare aus

Nach dem Warm-up am gestrigen Abend geht es am heutigen Vormittag ans Eingemachte. Und es ist dem Gründer des INET, US-Investor George Soros, vorbehalten die erste Session um acht Uhr Ortszeit einzuleiten.

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Neue Denker in Cambridge – Comeback der Geschichte

9. April 2010 Kommentare aus

Vergesst die Modelle! Guckt in die Geschichtsbuecher! So koennte man leicht zugespitzt die gemeinsame Botschaft auf den Punkt bringen, die Nomura-Chefoekonom Richard Koo und Harvard-Oekonom Ken Rogoff gestern zum Start der ersten Konferenz des Institutes for New Economic Thinking im sonnigen Cambridge zu vermitteln versuchten.

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Neue Denker, die neue FTD-Reihe (4) – Denken nützt leider nichts

6. April 2010 Kommentare aus

 Die Krise hat der etablierten Ökonomie zugesetzt – und bahnt den Weg für Neues. Die FTD stellt jeden Dienstag einen der Wissenschaftler vor, die mit einer frischen Idee zum Neustart beitragen. Heute: Dan Ariely
von Philine Lietzmann und Mathias Ohanian, Berlin

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Auch wenn Menschen glauben, dass sie vernünftig abwägen, bevor sie Entscheidungen treffen – sie tun es oft nicht. In der Vergangenheit interessierte das vor allem Marketingexperten, die versuchten, die Kaufentscheidung von Konsumenten zu beeinflussen. Jetzt deckte der Ökonom Dan Ariely auf, dass Menschen auch anderweitig irrational sind. Was in klassischen ökonomischen Modellen eher als Ausnahme von der Regel rationalen Verhaltens vorkommt, scheint real oft die Regel – und lässt bisherige Modelle nur noch bedingt tauglich erscheinen.

Die Idee Ariely setzt auf Tests an Personen, oft seinen Studenten. Er fand heraus, dass sich Menschen in  unterschiedlichsten Situationen von ihrer Weltanschauung und antrainierten Vorurteilen tief beeinflussen lassen – ohne dass ihnen das bewusst ist. So wirkt ein Medikament, wenn es günstig ist, bei Probanden oft schlechter, als wenn es teuer verkauft wird. Ein weiteres Ergebnis: Wer sich öfter an die zehn Gebote erinnert, ist ehrlicher als jemand, der das lange nicht getan hat. Wer hätte gedacht, dass man weniger betrügt, wenn man gelegentlich an die Gebote denkt? Die Ergebnisse hat Ariely in seinem Buch „Denken hilft zwar, nützt aber nichts“ aufgeschrieben.

Was Praktiker daraus lernen Mit dem Nachweis möglichen irrationalen Verhaltens können Fehler frühzeitig erkannt und vermieden werden. So zieht Ariely aus den Experimenten beispielsweise den Schluss, dass Menschen eher betrügen, wenn Geld nur indirekt im Spiel ist: Am Arbeitsplatz wird eher ein Stift entwendet als Geld aus der Kasse. Sind Denkfallen dieser Art erst einmal erkannt, fällt es leichter, sie zu umschiffen – individuell, aber auch in der Wirtschaft. Das entlastet im besten Fall den Geldbeutel und führt zu Beschlüssen, die man hinterher nicht bereut.

Nächste Woche: Richard Thaler

Von Philine Lietzmann

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Neue Denker – Promis go to Cambridge

5. April 2010 Kommentare aus

Rund 200 renommierte Ökonomen und Praktiker treffen sich von Donnerstag an zur ersten Konferenz des Institute for New Economic Thinking in Cambridge. Neben einigen Nobelpreisträgern nimmt an der Suche nach neuen ökonomischen Wegen auch Dominique Strauss-Kahn teil, der Chef des Internationalen Währungsfonds. Im WirtschaftsWunder lesen Sie alles, was Sie darüber wissen sollten. Weiterlesen …

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Neue Denker, die neue FTD-Reihe (3) – Wenn Reiche zu wenig Steuern zahlen

29. März 2010 Kommentare aus

Die Krise hat der etablierten Ökonomie zugesetzt – und bahnt den Weg für Neues. Die FTD stellt jeden Dienstag einen der Wissenschaftler vor, die mit frischen Ideen zum Neustart beitragen. Heute: Thomas Piketty. Weiterlesen …

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Neue Denker, die neue FTD-Reihe (2) -Kämpfer wider den Washington-Konsens

23. März 2010 Kommentare aus

Die Krise erschüttert die Ökonomenzunft – und bahnt den Weg für Neues. Die FTD stellt in Kooperation mit dem Institute for New Economic Thinking jeden Dienstag einen Ökonomen vor, der frische Ideen ins etablierte Denken bringt. Heute: Joseph Stiglitz

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Neue Denker, die neue FTD-Reihe (1) – Abschied vom Universalmenschen

15. März 2010 Kommentare aus
George Akerlof ist einer der führenden Köpfe beim Versuch, das ökonomische Denken zu erneuern. In den etablierten abstrakten Modellen werde unterschätzt, wie stark sich Menschen mit ihrem Umfeld identifizieren müssten, meint der Nobelpreisträger.
Von Hubert Beyerle und Thomas Fricke, Berlin

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