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Fabian Fritzsche: Das (vorläufige) Ende der Globalisierung

28. Juni 2018

In Deutschland wird oftmals noch von einem drohenden Handelskrieg zwischen den USA und der EU gesprochen, tatsächlich befinden wir uns bereits mitten drin. Und – in der Kriegsrhetorik zu bleibend – es ist ein Welthandelskrieg, in dem vor allem die USA gegen die EU, China, Mexiko, Kanada, Russland und diverse weitere Staaten kämpfen, aber diese Staaten bilden auch keine gemeinsame Front. Die EU wirft China Protektionismus vor und hat – wenn auch aus politischen und nicht ökonomischen Gründen – Sanktionen gegen Russland verhängt und Russland seinerseits Sanktionen gegen den Westen.  Gleichzeitig kauft sich China in großem Stil weltweit in technologisch und/oder ökonomisch wichtigen Unternehmen ein, was zu immer lauteren Forderungen nach protektionistischen Maßnahmen führt.

Aktuell ist kaum absehbar, wann diese Spirale enden wird. Die protektionistische Politik findet dabei Applaus sowohl auf der linken wie auch der rechten Seite des politischen Spektrums. Die einen sehen in der Globalisierung seit jeher eine Bedrohung für den Sozialstaat und eine wesentliche Ursache für geringe Lohnsteigerungen und die auseinandergehende Schere zwischen arm und reich. Die andere Seite argumentiert ebenfalls gerne mit dem Wohl des heimischen Arbeiters, sieht aber vor allem die nationale Identität und zum Teil auch Sicherheit bedroht.

Wenn nun also Trump die Schuld für die Eskalation dieses Handelskrieges gegeben wird, ist das vielleicht nicht komplett falsch. Letztlich aber ist das Phänomen Trump zumindest zum Teil mit dieser anti-globalistischen Einstellung in weiten Teilen der Bevölkerung zu erklären. Auch Bernie Sanders, der bereits in den Vorwahlen gescheiterte demokratische Präsidentschaftskandidat, ist durchaus kein Globalisierungsbefürworter. Für den Front Nationale in Frankreich, die Fünf-Sterne-Bewegung in Italien, Teile der Brexit-Befürworter und viele andere Parteien und Organisationen in Europa gilt das gleiche. Wer also glaubt, das alles sei nur ein Spuk, der mit einer möglichen Abwahl Trumps in zweieinhalb Jahren vorbei sei, wird sich getäuscht sehen. Ein anderer US-Präsident wird vermutlich weniger poltrig und direkt auftreten, aber es ist kaum zu erwarten, dass sämtliche Maßnahmen von Trump direkt rückgängig gemacht werden.

Damit stellt sich für alle, die protektionistische Maßnahmen ablehnen, im Rückblick die Frage, wieso mittlerweile so viele Menschen die Globalisierung ablehnen und in die Zukunft blickend, wie der weitere Weg aussehen kann und soll. Die erste Frage lässt sich vermutlich noch leicht beantworten. Viele Menschen haben das Gefühl, das Wachstum der letzten Jahrzehnte sei ungerecht verteilt worden. Dazu kommt möglicherweise noch das Gefühl, nicht mehr selbst – und sei es nur im eigenen Land – entscheiden zu können, sondern fremdbestimmt zu sein von multinationalen Unternehmen und fremden Regierungen. Wer diesen Punkten oder zumindest dem ersten zustimmt und nicht nur als (falsches) Gefühl abtut, könnte zu dem Schluss kommen, die Lösung liege auf der Hand: Der Wohlstand wird etwas gleichmäßiger verteilt und das Problem ist gelöst. Doch so einfach ist es nicht. Die protektionistische Stimmung wird sich nicht einfach von heute auf morgen drehen, nur weil in einem Land Einkommen und oder Vermögen gleichmäßiger verteilt werden, zumal dies ein Prozess wäre, der viele Jahre in Anspruch nimmt.  Das sollte keine Ausrede sein, den Weg erst gar nicht einzuschlagen, aber das wird nicht kurzfristig helfen. Vielmehr besteht aktuell die Gefahr, dass die protektionistischen Maßnahmen zu Wohlstandeinbußen führen, was dann den Druck erhöhen wird, weitere Maßnahmen umzusetzen. Denn bei aller – zum Teil sicherlich auch berechtigten Kritik – an Auswirkungen der Globalisierung ist klar, dass Abschottung und Zölle den Wohlstand nicht erhöhen, sondern senken. Keine Volkswirtschaft ist autark und es kann auch kein sinnvolles Ziel sein, alles selbst herzustellen.

Hier fehlt es zwar gerade bei den Globalisierungsskeptikern an einer klaren Strategie oder Alternative zur bisherigen Globalisierung, angesichts der gedrehten Stimmung in vielen Ländern, die offenbar in ein Eskalationsspirale mündet, sollten die Befürworter nun dringend nach Antworten und einer Strategie suchen. Der erste Schritt wird es dabei sein, anzuerkennen dass die aktuelle, 1973 mit dem Ende von Bretton-Woods begonnene, Welle der Globalisierung nun ausläuft. Der Welthandel wächst seit 2008/09 nur noch mit etwas über 2% pro Jahr, während es vor der Krise noch über 6% pro Jahr waren. Durch den Handelskrieg wird das Wachstum noch weiter abnehmen.

Die zurzeit teils schon beschlossenen, teils angedrohten Gegenmaßnahmen erscheinen zwar logisch und nachvollziehbar, alleine schon um nicht gegenüber Trump den Eindruck zu erwecken, man gebe ihm Recht. Allerdings ist unklar, was diese Gegenzölle letztlich bewirken sollen. Oder anders gefragt: Weshalb sollen europäische Verbraucher über höhere Preise für US-Importe dafür bestraft werden, dass US-Verbraucher nun mehr für Importe aus der EU bezahlen müssen? Wer glaubt, die USA für Importzölle bestrafen zu müssen – wohl in der Hoffnung, die Trump-Regierung würde dann irgendwann einlenken –, sollte eher über Exportzölle für Güter nachdenken, bei denen die US-Wirtschaft aus Importe aus Europa angewiesen ist. So kämen dann zumindest nicht die Verbraucher in Europa für den Schaden auf. Kurzfristige sollte die Reaktion also am ehesten lauten, die US-Zölle einfach zu akzeptieren und mit anderen Ländern soweit möglich Zollsenkungen auszuhandeln, um so die Auswirkungen der US-Zölle für die Unternehmen in Europa möglichst abzufedern.  Wenn die US-Regierung den Wohlstand der US-Bürger senken möchte, ist das kein Grund für die europäischen Regierungen dies nachzuahmen. Mittelfristig sollte der Wohlstand gleichmäßiger verteilt werden, um so die Akzeptanz für die Globalisierung zu erhöhen und zudem muss die deutsche Wirtschaft endlich ihre Exportabhängigkeit reduzieren. Über beide Punkte wird im aktuellen Handelskrieg allerdings gar nicht gesprochen.

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  1. Jürgen Ruf
    3. Juli 2018 um 11:32

    Meiner Ansicht nach wurde bei der Globalisierung versäumt Rahmenbedingungen zu setzen. Inzwischen zeigen sich dadurch Auswüchse wie zB bei den Altkleidern und den Hühnerteilen, die in Europa niemand essen will. Diese werden nach Afrika exportiert und zerstören die dort ansässigen Unternehmen weil sie viel billiger angeboten werden.

  1. 29. Juni 2018 um 20:45
  2. 29. Juni 2018 um 19:11
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