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Welche Aktienmarktrenditen im Niedrigzinsumfeld noch drin sind

12. Februar 2013

Herausragende Studien müssen nicht viel kosten. Das beweist das immer im Februar veröffentlichte Jahrbuch des Credit Suisse Research Instituts jedes Jahr aufs Neue: Die Studie wird kostenlos veröffentlicht und greift auf einen wahren Datenschatz zurück: Die Kapitalmarktentwicklungen der letzten rund 110 Jahre in den wichtigsten Ländern der Welt. Ein Lesetipp für alle Kapitalmarktinteressierte.

Mit Studien ist es ja immer so eine Sache – je nach dem, welchen Zeitraum man wählt, lassen sich gute Belege für die eigene These finden. Um so interessanter ist es, wenn sich von Zeit zu Zeit Forscher einmal richtig in Zahlen knien: Das tun alljährlich die Forscher der Credit Suisse und der London Business School, die eine Datenbank aufgebaut haben, die bis ins Jahr 1900 zurück reicht – und das für die 19 ökonomisch wichtigsten Länder der Welt. Auf Basis dieser Daten haben die Analysten in den vergangenen Jahren schon so manche vermeintlich allgemeingültige These zerflext: Dass erwartetes Wirtschaftswachstum eine Determinante für künftige Aktienmarktrenditen sei, dass Aktien als Inflationsschutz taugen… die Liste ist lang. Ich freue mich jedenfalls immer, wenn über einen so langen Zeitraum empirische Fakten statt Meinungen oder anekdotische Evidenz ins Spiel kommen.

Vergangene Woche ist nun das Jahrbuch 2013 erschienen. Einige aus meiner Sicht spannende Erkenntnisse / Thesen, die das Nachlesen lohnen:

  • Laut den Analysten können wir im aktuellen Niedrigzinsumfeld mit einer Aktienrisikoprämie (also einem Mehrertrag gegenüber sicheren Zinsanlagen) von bestenfalls 3 bis 3,5 Prozent rechnen über die kommenden zwei bis drei Dekaden. Das ist natürlich nur eine grobe Schätzung. Interessant fand ich daran aber auch die Erkenntnis, dass es ein Fehler wäre, stets um die USA zu kreisen – von dort kamen einst die verlässlichsten Daten der Rückrechnung bis in die 20er Jahre, auf deren Basis man noch zu Beginn der Nuller Jahre von 6- 6,25 Prozent Aktienrisikoprämie ausging. Die Risikoprämie der Aktienmärkte weltweit ex USA kreisen die Forscher auf nur 3,5 Prozent ein. (In Deutschland liegt sie seit 1900 übrigens bei knapp sechs Prozent.)
  • Ein immer wiederkehrendes Argument einiger Investoren ist, dass man sich beim Investieren an der „Rückkehr zum Durchschnitt“ orientieren müsste – also aus Aktien/Märkten aussteigen sollte, wenn die Bewertungen zu teuer werden und wieder einsteigen, wenn sie günstig sind. Solche Strategien werden sowohl für Aktien als auch Anleihen angewendet. Die Forscher zerpflücken mit einer interessanten Rückrechnung, dass es möglich sei, mit solchen „Mean Reversion“-Strategien mit hoher Wahrscheinlichkeit  Überrenditen zu erwirtschaften. Das gelte auch für „Markttimer“, die also regelmäßig aus dem Aktienmarkt ein- und aussteigen. Der verblüffend einfache Grund liegt auf der Hand: Man weiß eben in jedem Jahr der letzten 113 Jahre auch nur, was bisher erfolgreich und historisch üblich war. Das muss aber für die Zukunft nichts heißen. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zogen die Aktienrenditen sehr deutlich an, seit 1982 wiederum sind etwa Anleihen außer Rand und Band mit steigenden Kursen.
  •  In Zeiten extrem niedriger oder gar negativer realer Renditen am Bondmarkt können auch die realen Aktienerträge negativ werden. Ist üblicherweise in stark inflationären Phasen der Fall.
  • Die Forscher sprechen Rohstoffaktien (Ausnahme: Goldminen) die Eigenschaft ab, im aktuellen Umfeld noch einen Schutz vor moderat steigender Inflation zu bieten.

Zur Studie geht es hier.

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  1. 13. Februar 2013 um 19:47
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