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David Milleker: NAFTA-Neuverhandlung: US-Position auf Abwegen

6. November 2017

Bislang ist die protektionistische Note des US-Präsidenten hauptsächlich dadurch zum Tragen gekommen, dass er fertig verhandelte Abkommen wie die Transpazifische Partnerschaft (TPP) nicht unterzeichnet sowie die laufenden Verhandlungen zum Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) mit der Europäischen Union abgebrochen hat. Anders sieht es beim Nordamerikanischen Freihandelsabkommen (NAFTA) mit Kanada und Mexiko aus. Hier soll ein bestehendes Abkommen neu verhandelt werden. Die Gespräche mit den Vertragspartnern laufen seit Sommer.

Eine ganze Reihe von Punkten in den Neuverhandlungen sind insofern Tagesgeschäft, als dort übliche Punkte des Marktzugangs verhandelt werden. Auch die US-Position hierzu ist durchaus typisch: Man möchte für die eigenen Firmen ein Maximum an Marktzugang bekommen, aber im Gegenzug möglichst wenig Marktzugang (etwa bei öffentlichen Ausschreibungen) gewähren. Ein Beispiel hierfür ist die Forderung für die Automobilindustrie, dass statt bisher 62 Prozent künftig 80 Prozent eines Autos aus innerhalb der NAFTA gefertigten Teilen bestehen müssen und 50 Prozent aus US-Produktion selbst, um zollfrei zu bleiben.

Teilweise nimmt die US-Position allerdings skurrile Züge an. So soll der zentrale Konfliktbeilegungsmechanismus über ein NAFTA-Schiedsgericht abgeschafft werden. An seine Stelle soll ein nicht näher spezifizierter alternativer Mechanismus treten. Man kann aus verschiedenen Äußerungen von US-Offiziellen herauslesen, dass hiermit bezweckt wird, schneller mit Strafzöllen reagieren zu können bzw. Streitfälle von US-Gerichten statt von einem supranationalen Gremium entscheiden zu lassen.

Völliges Neuland betritt man mit der Forderung, die Gültigkeit des Abkommens auf fünf Jahre zu beschränken. Eine Verlängerung soll nur dann erfolgen, wenn sich die drei Teilnehmerstaaten darüber einig sind. Es ist nicht ganz klar, was damit bezweckt werden soll. Natürlich könnte man dies als Anreiz für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess sehen. Aber in der Praxis wird es erst einmal dazu führen, dass sich hier ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit einstellt.

Freihandelsabkommen entfalten ihre Wirkung nicht zuletzt dadurch, dass sie Effizienzsteigerungen ermöglichen, indem Fertigungsketten grenzüberschreitend kostenoptimiert werden können. Im Falle der NAFTA ist dies nicht anders. Der Außenhandel der USA war im Jahr 2016 mit den Handelspartnern Kanada und Mexiko so groß wie mit China, Japan, Indien, Brasilien, Russland, Indien, Südafrika und Südkorea zusammengenommen. Gut die Hälfte dieses Handels fand in Form von Zwischenprodukten statt.

Es ist schwer vorstellbar, dass Unternehmen sich darauf einlassen werden, Vorleistungsketten auch weiterhin grenzüberschreitend zu organisieren, wenn sie nicht wissen können, ob Zwischenprodukte nicht in ein paar Jahren Zöllen unterliegen.

Vermutlich hat der Vorstoß weniger mit Zufall als mit Methode zu tun. Schließlich würde die Trump-Administration ja am liebsten die gesamte Industrieproduktion in die USA zurückholen, statt sie über Ländergrenzen hinweg zu organisieren. Rahmenbedingungen wie Freihandelsabkommen zeitlich zu befristen, könnte den Unternehmen einen Anreiz dazu geben, solche Vorhaben gar nicht erst in Angriff zu nehmen. Allerdings darf dann auch getrost bezweifelt werden, dass die Neuverhandlung des NAFTA-Abkommens überhaupt in dem Geist erfolgt, zu einem Abschluss zu kommen.