Startseite > Out of Wirtschaftsdienst > Wirtschaftsdienst exklusiv – Lohnt sich Steuerfahndung?

Wirtschaftsdienst exklusiv – Lohnt sich Steuerfahndung?

12. September 2016

Die deutschen Bundesländer konkurrieren um Unternehmen, die durch ihre Steuerzahlungen ihre Finanzkraft stärken und zur Finanzierung ihrer Staatshaushalte beitragen. Aber treiben die Finanzämter tatsächlich auch konsequent die Steuern ein? Oder sehen sie nicht so genau hin, um als Unternehmensstandort attraktiv zu bleiben? Und mindert der Länderfinanzausgleich dadurch, dass finanzstarke Länder ihre Mehreinnahmen abgeben müssen, die Anreize zum Steuervollzug? Diesen Fragen geht Axel Troost, finanzpolitischer Sprecher der Partei Die Linke, in einer detaillierten empirischen Analyse in der aktuellen Ausgabe des Wirtschaftsdienst nach.

„In Deutschland liegt die Hoheit der Steuergesetzgebung beim Bund, die Erhebung der Steuern wird jedoch von den Finanzbehörden der Länder durchgeführt (Auftragsverwaltung der Länder für den Bund). Gleichzeitig regelt das Grundgesetz, zu welchen Anteilen die Einnahmen aus bestimmten Steuerarten jeweils dem Bund oder den Ländern zufließen. Daraus ergeben sich Zielkonflikte und Kompetenzrangeleien zwischen Bund und Ländern sowie zwischen den Bundesländern,“ beginnt Troost seine Darstellung. Er untersucht die empirischen Grundlagen der Argumentation, Steuermehreinnahmen würden sich für die Länder nicht lohnen. Sie erhöhen die Personalausgaben für Finanzbeamte, während Mehreinnahmen nicht in den Ländern verbleiben.

Seine Analyse kommt zu folgenden Ergebnissen:

  • „In den letzten 20 Jahren wurde in Deutschland massiv Personal in den Finanzverwaltungen abgebaut.“ Von 2002 bis 2013 wuchs die deutsche Wirtschaft real um 10%, gleichzeitig sank die Personalstärke in der Finanzverwaltung um ca. 10%. (vgl. Abbildung 1).

abbildung-1

  • Die Bundesländer dürfen tatsächlich nur einen Teil der Steuermehreinnahmen behalten. Der Anteil der im Land verbleibenden Steuereinnahmen hat Troost für die Einkommensteuer auf Basis einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft dargestellt. Hier unterscheiden sich die „Einbehaltsquoten“ der Länder deutlich. Erstaunlicherweise sind es gerade die armen Länder, die wenig von Steuermehreinnahmen profitieren, während in reichen Ländern mehr verbleibt: Die Spanne reicht von 6,61 Euro bei 100 Euro Steuermehreinnahmen für Bremen bis 33,78 Euro für Hamburg (vgl. Abbildung 2).

 

  • Ein durchschnittlicher Steuerfahnder erreicht gemessen an seinen Personalkosten Renditen, von denen man heutzutage träumen kann: Die Renditen der Steuerprüfung reichen von 9% beim armen Bremen bis ca. 460% beim reichen Hamburg. Zusätzliches Finanzpersonal lohnt sich aber bereits bei einem Verbleib von 6% im Lande. Dennoch müssen vor allem in Bayern und Baden-Württemberg Steuerfahnder ein höheres Transaktionsvolumen prüfen als in anderen Ländern.abbildung-2
  • Die Einkommensteuer ist dabei noch nicht einmal die Steuerart, die den höchsten „Gewinn“ verspricht. Mehr wäre zu erwarten, wenn die Zahler von Körperschaft- und Gewerbesteuern konsequenter geprüft würden. Daher schlägt Troost auch vor, zusätzliches Personal auf diese Steuerarten und vor allem auf Großbetriebe anzusetzen.
  • Eine intensivere Prüfung erhöht die Entdeckung von Steuerhinterziehung und würde auch gesamtgesellschaftlich für mehr Steuergerechtigkeit und damit für mehr Steuerehrlichkeit sorgen.
  • Als Lösung schlägt Troost vor, „die Prüfdienste (gegebenenfalls die gesamte Steuerverwaltung) entweder verpflichtend zwischen den Bundesländern zu koordinieren oder zentral vom Bund zu übernehmen (durch Einrichtung einer zentralen Bundessteuerverwaltung einschließlich eines „Steuer-FBI“).“

Zum Beitrag