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David Milleker: Die Grenzen der Geldpolitik

6. September 2016

In den letzten Wochen sind aus den Zentralbanken der Welt vermehrt interessante Rufe nach mehr Fiskalpolitik zu vernehmen. Sowohl die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) als auch die Bank of Japan (BoJ) haben offizielle Strategieüberprüfungen angekündigt. Die Europäische Zentralbank (EZB) steht im September vor einer quartalsweisen Überprüfung ihrer Ankaufprogramme. Was passiert da also gerade?

Zunächst einmal stoßen die BoJ und die EZB mit ihren Programmen zum Ankauf von Staatsanleihen zunehmend an Grenzen. Im Falle der japanischen Notenbank sind diese eher als „objektiv“ zu bezeichnen. Sie hält bereits gut 40% aller ausstehenden japanischen Staatsanleihen auf der Bilanz. Umgekehrt wird für private Akteure am Finanzmarkt das Volumen an Staatsanleihen, das zur Besicherung von Finanztransaktionen genutzt werden kann, kleiner. Die BoJ ist daher zuletzt auch wahlweise auf die Einführung von Negativzinsen oder den Ankauf von Aktien-ETFs zur Aufstockung des Ankaufprogramms ausgewichen.

Im Falle der EZB sind die Restriktionen eher selbst gesetzt, aber damit nicht weniger bindend. Sie hat sich selbst die Regel gesetzt, nach dem Eigenkapitalschlüssel Anleihen der Mitgliedsstaaten bis zu maximal 30% jeder Anleihe zu kaufen sowie einen Boden der Rendite in Höhe des Einlagenzinses (aktuell -0,4%) für die Käufe einzuhalten. Probleme bereiten ihr nun zunehmend die Renditen für die Bundesanleihen. Bis zu einer Laufzeit von acht Jahren sind diese niedriger rentierlich als ihre Untergrenze. Entsprechend können nur noch sehr langlaufende Papiere erworben werden. Und schreibt man hypothetisch das Kaufprogramm im aktuellen Volumen fort, läge man Ende 2018 für Bundesanleihen auch schon sehr nahe an den selbst gesetzten 33%. Wahlweise folgt die EZB also dem Beispiel der Japaner und weicht auf andere Rentenpapiere aus – wie jüngst schon mit dem Kaufprogramm für Unternehmensanleihen. Oder man lockert andere Restriktionen. In Deutschland dürfte freilich weder die Aufhebung des Kapitalschlüssels (die Bundesbank würde dann als ausführendes Organ beispielsweise italienische Staatsanleihen kaufen) noch eine weitere Absenkung des Einlagenzinses sonderlich populär sein.

Die Probleme der Fed sind dagegen eigentlich Luxusprobleme. Sie kommt zwar mit ursprünglich geplanten Zinsanhebungen nicht voran, weil sich diese vielleicht für die USA rechtfertigen ließen, aber nicht zur globalen Lage passen. Sie scheint sich aber zunehmend Gedanken zu machen, wie sie mit einer Wirtschaft mit niedrigem Trendwachstum, einem sehr niedrigen neutralen Zins und einer sehr flachen Phillips-Kurve umgehen soll. Der neutrale Zins ist derjenige Leitzins, der weder stimulierend noch dämpfend auf die Konjunktur wirkt. Die Phillips-Kurve gibt dagegen den Zusammenhang zwischen Arbeitslosenquote und Preisentwicklung an. Ben Bernanke, früherer Chef der Fed, hat dies kürzlich in seinem Blog sehr schön dargelegt und die Implikation sehr niedriger Leitzinsen auf sehr lange Zeit herausgearbeitet. Auch der Chef der Notenbank von San Francisco, John C. Williams, hat kürzlich auf die Notwendigkeit einer kritischen Überprüfung des gegenwärtigen Politikrahmens vor dem Hintergrund einer deutlich gewandelten Welt hingewiesen.

Sowohl die BoJ als auch die Fed weisen zunehmend darauf hin, dass sie diese Gemengelage nicht allein lösen können. Statt des Allgemeinplatzes, dass es mehr Strukturreformen brauche, bringen beide nun auch eine stärkere Rolle der Fiskalpolitik in die Diskussion. Das ist zu begrüßen. Wir haben die Zentralbankpolitik der letzten Jahre vor allem deswegen kritisch kommentiert (siehe etwa hier und hier), weil uns die Wirkung immer neuer „unkonventioneller“ Maßnahmen zweifelhaft erschien. Denn letztlich fehlte diesen immer der direkte Wirkungskanal in die Realwirtschaft. Eigentlich ist dies eine Binsenweisheit aus dem Lehrbuch. In der Liquiditätsfalle hilft eine Ausweitung der Zentralbankgeldmenge sehr wenig, die Fiskalpolitik dagegen hat große Wirkung. Die Geldpolitik tut gut daran, dies anzuerkennen. Bleibt zu hoffen, dass die fiskalpolitischen Entscheidungsträger jetzt auch entsprechend handeln.

  1. Hartmut Lau
    9. September 2016 um 23:11

    Hat es jemals Grenzen der Geldpolitik gegeben?

    Die Spatzen pfeifen es von den Daechern. Die Geldschoepfung basiert auf heisser Luft. Absolut ohne Gegenwert.
    Jedes Zinseszins Schuldgeldsystem ist vorsaetzlicher Betrug an die Kreditnehmer. Jeder Zins ist Raub.
    Es ist unfassbar, dass immer noch die Kreditinstitute machen was Sie wollen. Es ist nur dann zu verstehen, wenn bewusst ist, dass Banken,Politik und die Rechtspflege, die Bandenkriminalitaet pflegen, nach aussen als Gesetz bezeichnen.

    Genial, dieser Raubtierkapitalismus…

  1. 11. September 2016 um 00:58
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